Swetlana Tichanowskaja spricht bei Anhörungen der Menschenrechtskommission des US-Kongresses; Ukraine stoppt den Kauf von „Naftan“ – Bitumen; Behörden erhöhen Druck auf Menschenrechtler*innen; für „Streikposten mit einem Lied“ – Geld- und Freiheitsstrafe
6. Mai 2021 | Voice of Belarus
„Wir brauchen konkrete Maßnahmen“ – Swetlana Tichanowskaja sprach bei den Anhörungen der Menschenrechtskommission des US-Kongresses
Die Menschenrechtskommission des US-Kongresses hat eine Online-Anhörung zu Belarus durchgeführt.
Swetlana Tichanowskaja sprach bei diesen Anhörungen und schlug vor, eine internationale Konferenz zu organisieren, um die Situation im Land zu untersuchen. Sie merkte auch an, dass die Vereinigten Staaten zu den ersten gehörten, die Sanktionen und Visa-Verbote gegen Vertreter der belarusischen Behörden verhängten, und forderte die Vereinigten Staaten auf, sich in den internationalen Verhandlungsprozess mit ihren europäischen Partnern einzubringen.
„Lukaschenko versucht, Zeit zu gewinnen, damit alle Belarus vergessen. Deshalb wollen wir die Aufmerksamkeit der ganzen Welt auf die belarusische Krise lenken. Es kommt nicht nur auf die internationale Solidarität an, sondern auch auf konkretes Handeln. Seit fast einem Jahr fragen meine Kinder jeden Tag, wo ihr Papa ist und wann er zurückkommt. Und so leben Tausende von Familien in Belarus: Sie leiden jeden Tag unter der Repression des Regimes“, sagte Tichanowskaja. Der ehemalige stellvertretende US-Außenminister David Kramer erklärte, dass die Sanktionen erweitert werden sollten, „bis Lukaschenko geht und das Regime fällt. Und wir sind bereit, es ihm schwer zu machen, an der Macht zu bleiben.“ Er forderte auch maximalen Druck auf Beamte und Oligarchen, die das Regime unterstützen, und nannte konkrete Namen: Wiktar Scheiman, Aljaxej Alexin, Aljaxandr Sajzau, Mikalaj Warabjou, Aljaxandr Maschenski, Uladsimir Peftijeu.
Aufgrund von Sanktionen hat die Ukraine Kauf von Bitumen von „Naftan“ ausgesetzt
Große ukrainische Unternehmen haben den Kauf von Bitumen von „Naftan“ Nawapolazk gestoppt: Sie warten bis zum 3. Juni ab, um zu sehen, wie die US-Sanktionen funktionieren werden. Geschäftsleute versuchten vor Beginn der Sanktionen, Bitumen im Voraus zu kaufen. Aber ukrainische Banken haben sich geweigert, Geschäfte mit dem sanktionierten Unternehmen zu finanzieren, was auch für sie Konsequenzen haben könnte.
Die Ukraine ist einer der größten Abnehmer von Bitumen aus Belarus.
Belarusische Menschenrechtler*innen über Situation im Land: „Das ist eine Arbeit unter Kriegsbedingungen“
Belarusische Behörden erhöhen den Druck auf Menschenrechtler*innen. Einige von ihnen wurden inhaftiert oder einem Strafverfahren unterzogen, während andere das Land verlassen mussten. Aber Menschenrechtler*innen geben nicht auf.
„Wir versuchen, eine Balance zu finden, Menschenrechte verteidigen zu können und selbst nicht hinter Gittern eingesperrt zu werden. Die Rhetorik der staatlichen Behörden läuft darauf hinaus, dass Menschenrechtler*innen eine Art Störenfriede sind, die Massenunruhen unterstützen. Obwohl das Unsinn ist“, gibt Janina zu, eine Mitarbeiterin der belarusischen Menschenrechtsorganisation Human Constanta.
„Wir befinden uns in der Tat in einer Lage, die noch keine Kriegssituation darstellt, aber schon einen Ausnahmezustand, wenn der Gesellschaft die Grundrechte vorenthalten werden, wenn das Rechtssystem nicht funktioniert“, so charakterisiert der Leiter des Menschenrechtszentrums „Viasna“ Aljes Bjaljazki die Situation.
Für „Streikposten mit einem Lied“ – eine Geld- und Feiheitsstrafe!
Julija Schabanawa, Lisaweta Paketawa und Aljaxej Schuraulewitsch wurden am 22. April in einer Unterführung festgenommen, wo sie Lieder vortrugen. Den Musikern wurde vorgeworfen, durch das Aufführen des Liedes „Rasbury turmy mury“ Streikposten aufgestellt zu haben. Dabei hatten die Musiker eine offizielle Erlaubnis, in der Unterführung aufzutreten, und wussten nicht einmal von der Existenz einer Liste mit verbotenen Liedern.
Schließlich wurden Lisaweta Pakjetawa und Aljaxej Schuraulewitsch entsprechend zu 11 bzw. 25 Tagen Haft verurteilt. Und Julija Schabanawa erhielt nur eine Geldstrafe, da sie minderjährige Kinder hat.
Nach Informationen des belarusischen PEN-Zentrums gibt es in Belarus 33 Kulturschaffende als politische Gefangene. 12 der Angeklagten wurden verurteilt: Zu 1,5–3 Jahren „Haft mit offenem Vollzug“ oder 2–8 Jahren in einer Kolonie.