Belarus Daily | 25. Jan

Der politische Gefangene Ihar Losik beendet seinen Hungerstreik; Schweizer Botschafter besucht Natalia Hersche im Gefängnis; Verleumdung des MMA-Kämpfers Alexei Kudin durch russischen Propagandisten; Keine Dringlichkeitsdebatte zur Situation in Belarus während der Wintersitzung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates; Ausstrahlung des Eurovision Song Contest im belarusischen Fernsehen fraglich; Obdachlose zu ernähren ist in Belarus ein Verbrechen

25. Januar 2021 | BYHelp-Mediagroup
Belarus Protest Dana Mall
Eine Flagge in einem Einkaufszentrum, für die mehrere Personen festgenommen und mit Geldstrafen belegt wurden.
Source: TUT.BY

Der politische Gefangene Ihar Losik, der 41 Tage nichts gegessen hat, beendete seinen Hungerstreik. Wird er zu einem vollwertigen Leben zurückkehren können?

Ihar Losik.
Source: t.me/kyky_org

Ein Brief von Ihor der von seinem Anwalt übergeben wurde:

„Ich habe beschlossen, den Hungerstreik zu beenden. Warum habe ich es getan? Das war meine eigene bewusste Entscheidung. Ich habe seit über 40 Tagen nichts mehr gegessen und ich glaube, ich hätte die Kraft länger durchzuhalten. Aber ich war schlichtweg überwältigt von der unglaublichen Welle der Solidarität. Und von den Bitten von Hunderten und Tausenden Belarusen, aufzuhören, unseren gemeinsamen Sieg bei guter Verfassung abzuwarten.

Ich weiß auch, dass viele Menschen ebenfalls einen Hungerstreik begonnen haben, während ich hungerte. Ich kann eine derartig große Last der Verantwortung nicht tragen, ich möchte nicht, dass andere für meine bewusste Entscheidung leiden müssen. Als ich all eure Appelle in den Briefen las, wurde mir klar, dass ich meine Familie und euch allen diese Sorgen und Befürchtungen nicht zumuten kann. […]

P.S. Viele haben geschrieben, ich würde nichts erreichen. Das stimmt nicht. Ich habe nicht nur auf meinen eigenen Fall aufmerksam gemacht, sondern auch auf die Situation aller politischen Gefangenen in unserem Land. Über uns wird jetzt laut gesprochen und auf allen möglichen Plattformen wird die Freilassung der unschuldig Inhaftierten und Verurteilten gefordert. Das ist viel […]”

Der Administrator des Telegramm-Kanals Belamova Ihar Losik wurde am 25. Juni festgenommen. Zunächst wurde er angeklagt, Aktionen organisiert und vorbereitet zu haben, die die öffentliche Ordnung grob verletzen. Ihar Losik erklärte am 15. Dezember einen Hungerstreik, als bekannt wurde, dass eine neue Anklage gegen ihn erhoben worden war – wegen Vorbereitung von Verbrechen und Beteiligung an Massenunruhen. Dies ermöglichte den Behörden, die Haft des politischen Gefangenen zu verlängern.

Gleichzeitig ist es laut der Ärzte unmöglich, ohne Krankenhausaufenthalt aus diesem Zustand wieder herauszukommen. Daher müssen Angehörige, Ärzte und die Öffentlichkeit eingreifen. Losik muss jetzt im Krankenhaus behandelt werden.

„Sie haben Obdachlosen zu essen gegeben – das heißt, sie haben an einer Kundgebung teilgenommen.“ Die Geldstrafen und Haftstrafen werden noch barbarischer

Die Freiwilligen „StraßenmedizinerinnenKarina Radtschenko und Tatiana Lobosa, die am 23. Januar zusammen mit Aktivistinnen der Initiative „Food not Bombs“ festgenommen wurden, wurden zu jeweils 15 Tagen Haft verurteilt. Wie der Zeuge der Polizei sagte, standen Karina und Tatiana an den Töpfen und gaben den Obdachlosen Nahrung. Das heißt, sie nahmen an der Kundgebung teil.

Source: t.me/belhalat_by

Geldstrafe gegen Olga Bobrowa Mutter von fünf Kindern wegen weiß-rot-weißer Flagge in Minsker Einkaufszentrum. Olga wurde am 22. Januar festgenommen, verbrachte das ganze Wochenende in der Akreszina-Gasse und heute verhängte das Gericht gegen sie eine Geldstrafe von 870 Rubel (270 Euro).

Außerdem erhielten der Laden „Moj Modny Kut“ und das Kulturzentrum „Korpus“ wegen der nationalen Symbole Besuch von Sicherheitskräften.

In der Wohnung der „Presseclubs“-Gründerin Julia Sluzkaja wurde eine Inventur ihres Eigentums durchgeführt. Julia wurde am 22. Dezember 2020 festgenommen, am selben Tag wurden fünf weitere MitarbeiterInnen des Presseclubs festgenommen. Sluzkaja wird der Steuerhinterziehung in besonders großem Umfang verdächtigt, die Übrigen der Mittäterschaft. Anfang Januar überwiesen die Angehörigen der Festgenommenen fast 110.000 Rubel (35.000 Euro) als Sicherheit für mögliche Schäden auf das Konto des Untersuchungsausschusses, trotzdem blieben die Festgenommenen im Gefängnis.

Der Schweizer Botschafter in Belarus Claude Altmatt besuchte die politische Gefangene Natalia Hersche

„Heute habe ich mich wieder mit unserer Landsfrau Natalia Hersche getroffen, der es den Umständen entsprechend gut geht. Und wieder dankt Natalia allen für die starke Unterstützung und ständige Aufmerksamkeit, die sie erhält“, schrieb er auf Twitter.

Zuvor war Natalia Hersche in einen Hungerstreik getreten, den sie später beendete, nachdem sie in eine Zelle mit besseren Bedingungen verlegt wurde und 38 ihrer Briefe verschickt waren.

Die 51-jährige Schweizer Staatsbürgerin war im Dezember 2020 zu 2,5 Jahren Strafkolonie allgemeinen Regimes verurteilt worden. Sie war des Widerstands gegen einen Polizisten im Zuge der Proteste für schuldig befunden worden. In der Tat, hatte sie bei einer friedlichen Aktion einem Sicherheitsmann die Sturmhaube vom Gesicht gerissen.

Swiss Belarusian in prison
Natalia Hersche.
Source: t.me/belamova

Russische Propagandist erfindet Reise Alexei Kudins nach Moskau, um die Bereitschaftspolizei zu schlagen

Konstantin Pridybajlo, ein Mitarbeiter des Kreml-Propagandasenders RT, schrieb in seinem Telegramkanal „Pridybaylo|Subjektiv“, dass der belarusische Kämpfer Alexei Kudin in Moskau „Bereitschaftspolizisten ausschalten“ wollte. Dabei bezog sich der Autor auf ein Zitat aus einem Gespräch mit der Frau des Kickboxers, Tatjana Kudina, in dem sie angeblich Gründe nannte, warum ihr Mann nicht nach Europa geflüchtet habe.

Gleichzeitig dementiert Tatjana Kudina diese Behauptung: „Ich kenne diese Person nicht. Dies ist das erste Mal, dass ich von ihm höre. Ich habe seinen Account erst gesehen, nachdem der Link gelöscht wurde. Ich habe nie ihn kommuniziert, geschweige denn einen solchen Kommentar abgegeben. Das ist Unsinn, Lüge und aus dem Finger gesaugt. Der Mann wollte sich an dieser Geschichte aufgeilen. Ich glaube nicht, dass ihm das gelingt.“

Alexej Kudin tauchte in Moskau wegen eines Strafverfahrens wegen der Teilnahme an den Protesten im August 2020 und wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt unter. Nach seiner Verhaftung am 21. Januar in Moskau unterzeichneten mehr als 300 Athleten aus Russland und Belarus einen Brief, in dem sie forderten, Kudin wegen direkter Bedrohung seines Lebens und seiner Gesundheit durch die Sicherheitskräfte nicht an seine Heimat auszuliefern.

Russian propoganda in Belarus
Konstantin Pridybailo (links), Alexej und Tatiana Kudin (rechts).
Source: TRIBUNA.COM

Parlamentarische Versammlung des Europarates: Keine Dringlichkeitsdebatte zu Belarus während der Wintersitzung

Die Parlamentarische Versammlung des Europarates wird während ihrer Wintersitzung keine Dringlichkeitsdebatte zum Thema „Die sich verschlechternde Situation in Belarus“ abhalten. Diese Entscheidung wurde am 25. Januar bei der Eröffnung der Sitzung in Straßburg getroffen.

Der polnische Abgeordnete Bogdan Klich sagte, er und einige seiner Kollegen seien von dieser Empfehlung enttäuscht.

Tini Cox (Niederlande) sprach sich gegen eine dringende Debatte aus. Er erklärte seine Position wie folgt: „Ich stimme dem, was Herr Klich sagte, voll und ganz zu: Die Situation in Belarus ist sehr besorgniserregend. Die Versammlung hat bereits beschlossen, zwei Berichte über die Lage in Belarus zu erstellen. Diese Arbeit ist im Gange. Ich denke, dass wir auf diese Weise dem belarusischen Volk am besten helfen können – das Problem zu identifizieren und dann eine klare Entschließung zu verabschieden, um diejenigen zu schützen, die in Belarus für Demokratie einstehen, und jetzt keine Diskussion im Rahmen des Verfahrens für Dringlichkeitsdebatten zu führen.“

Swetlana Tichanowskaja beabsichtigt, den Ausschluss der Gesellschaft Belteleradiocompany BT aus der Europäischen Rundfunkunion zu erwirken

„Der Eurovision Song Contest ist eine gute Gelegenheit für BT, die Einschaltquote zu erhöhen und mit Werbetreibenden Geld zu verdienen. Und das ist der Grund für ihren Stolz. Aber verdient dieses Unternehmen eine solche Ehre? Ich unterstütze die Initiative der Belarusischen Stiftung für kulturelle Solidarität und ich werde den Ausschluss von Belteleradiocompany aus der Europäischen Rundfunkunion fordern. Wie im Fall der Eishockey-Meisterschaft werde ich mit den EU-Außenministern darüber sprechen. Und ich glaube, dass wir gemeinsam erneut beweisen werden: Niemand in der zivilisierten Welt wird mit Kriminellen zusammenarbeiten“, heißt es im Telegram-Kanal von Swetlana Tichanowskaja.

exclusion of Belteleradio from the European Broadcasting Union
Source: twitter.com/belamova

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