USA fordern sofortige Freilassung aller politischen Gefangenen – inzwischen sind es 298; Vorsitzende der Union der Polen in Belarus verhaftet
23. März 2021 | Voice of Belarus
USA fordern sofortige Freilassung aller politischen Gefangenen und unterstützen Abhaltung von Neuwahlen in Belarus bis Ende des Jahres
Der Berater des US-Außenministeriums Derek Chollet hatte ein Telefongespräch mit dem Chef des belarusischen Außenministeriums Uladsimir Makej. Der Berater wies auf die Notwendigkeit hin, alle politischen Gefangenen in Belarus ausnahmslos freizulassen, wobei er den Fall von Ihar Losik besonders hervorhob. Die USA unterstützen den Vorschlag der belarusischen Opposition, einen Dialog mit den Behörden aufzunehmen, um in diesem Jahr freie und faire Wahlen unter internationaler Beobachtung abzuhalten. Der Berater und der Außenminister besprachen auch den bevorstehenden Austausch von Botschaftern zwischen den Vereinigten Staaten und Belarus und stellten fest, dass offene Kommunikationslinien für beide Länder von Vorteil wären.
Nach Angaben des belarusischen Außenministeriums betonte Makej in seinem Gespräch den kontraproduktiven Charakter von Versuchen, Druck auf einen souveränen Staat auszuüben.
In der Nähe der US-amerikanischen und ukrainischen Botschaften in Minsk fand heute eine regierungsnahe Kundgebung statt.
Die US-Botschaft unterstützte das Recht der Menschen auf Versammlungsfreiheit und die Kritik der USA und forderte die Behörden auf, diese Rechte auf alle Belarusen auszuweiten – ohne Polizeigewalt und Verhaftungen.
Wachsende Zahl politischer Gefangener in Belarus und Unverhältnismäßigkeit von Strafen zu Straftaten
Vom Menschenrechtszentrum „Viasna“ wurden weitere 10 Personen als politische Gefangene anerkannt. Nun stehen 298 Personen auf dieser Liste. Das Zentrum wies in seiner Erklärung darauf hin, dass die Dauer und die Bedingungen der gegen die Demonstranten verhängten Strafen eindeutig in keinem Verhältnis zu den Straftaten stehen und politisch motiviert sind.
Heute begann der Prozess gegen Mikalai Kaslou, den Vorsitzenden der Vereinigten Bürgerpartei und Mitglied der Kerngruppe des Koordinationsrates. Bei der Verhandlung gab Kaslou an, dass es ihm nicht gut gehe und dass er unter Bluthochdruck leide: Seit gestern sitze er in einer Einzelzelle mit sieben weiteren Personen zusammen. Ungefähr 20 Liter konzentrierte Chlorbleiche seien auf den Boden der Zelle gegossen worden. Während einer Verhandlungspause wurde Kaslou ins Krankenhaus gebracht.
Der Vorsitzende der belarusischen sozialdemokratischen Partei (Hramada) Ihar Barysau wurde zu 15 Tagen Haft verurteilt. Seine Partei gehört zu den Unterzeichnern des beim Minsker Stadtexekutivkomitee eingereichten Antrags für die Feierlichkeiten anlässlich des Tages der Freiheit. Barysau wurde direkt aus dem Auto vor den Augen seiner Frau und seiner vierjährigen Tochter entführt, er leistete keinen Widerstand.
In Nawapolazk wurden zwei Teilnehmer des Streiks bei Naftan festgenommen, die in einem Video zur Unterstützung der Abstimmung auf der Plattform „Golos“ aufgetreten waren.
Graf Aljaksandr Pruschynski, 86, wurde festgenommen, weil er im Zentrum von Minsk Flugblätter zum Tag der Freiheit verteilt hatte. Die Polizei hielt Pruschynski 6 Stunden lang fest: Sie erstellte ein Vernehmungsprotokoll über ihn und kündigte an, ihn vor Gericht zu stellen.
Der Historiker Jury Kuuschynau erhielt 15 Tage Haft für ein „Pahonja“-Abzeichen an seinem Rucksack.
In St. Petersburg wurden mehrere Belarus*innen festgenommen, darunter Uladsimir Drahun, einer der aktivsten Vertreter der lokalen Diaspora. Die Belarus*innen in St. Petersburg gehen fast jeden Tag auf die Straße, um ihre Solidarität mit den Landsleuten zu demonstrieren.
In Minsk wurde der behinderte Jauhen Kurhanau zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt, weil er sich neugierig zeigte und laut in die Hände klatschte.
Vorsitzende der Union der Polen in Belarus festgenommen
Andżelika Borys, Vorsitzende der von der offiziellen Regierung nicht anerkannten Union der Polen in Belarus, wurde festgenommen und im Rahmen eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens zur Polizei gebracht. Sie verbleibt bis zur Verhandlung in Gewahrsam.
Das polnische Außenministerium hat den Geschäftsträger der Republik Belarus vorgeladen. Ihm wurde mitgeteilt, dass das Vorgehen der belarusischen Behörden den internationalen Verpflichtungen von Belarus zum Schutz nationaler Minderheiten und den bilateralen polnisch-belarusischen Verpflichtungen zum Schutz der polnischen Minderheit widerspricht. In Belarus leben etwa 290.000 Polen*innen.