Friedens- und Menschenrechtspreis für Tichanowskaja, Kolesnikowa und Zepkalo; Menschenrechtslerin Tanya Hatsura-Yavorska aus der Haft entlassen; Behörden verhängen Urteile, Belarus*innen protestieren weiterhin
15. April 2021 | Voice of Belarus
Friedens- und Menschenrechtspreis für Tichanowskaja, Kolesnikowa und Zepkalo
Swetlana Tichanowskaja, Maria Kolesnikowa und Veronika Zepkalo wurden mit dem Lew-Kopelew-Preis für Frieden und Menschenrechte 2021 ausgezeichnet. Der Preis wird für den „mutigen Kampf für die Demokratie und gegen die Fälschung der Präsidentschaftswahlen in Belarus“ verliehen.
Aufgrund der Coronavirus-Pandemie findet die Preisverleihung online statt. Der renommierte deutsche Preis wird traditionell in Köln verliehen.
Belarus*innen protestieren weiterhin
Belarus*innen im ganzen Land protestieren jeden Abend. Heute Morgen marschierten Bewohner von Wohnvierteln von Minsk.
Und am Nachmittag gingen Frauen mit ihren weiß-rot-weißen Regenschirmen wieder spazieren. Sie sind seit mehr als vier Monaten unterwegs, trotz der Aufmerksamkeit der Einsatzkräfte und Festnahmen.
Wenig Informationen über den vom KGB festgenommenen US-Bürger Juri Sjankowitsch
Der Anwalt Jury Sjankowitsch bekommt einen juristischen Verteidiger. Sjankowitsch wurde in Moskau verhaftet und befindet sich nun in der Untersuchungshaftanstalt des KGB in Minsk.
Der Staatsanwalt bestätigte, dass Sjankowitsch von belarusischen Sonderdiensten in Moskau festgenommen wurde, aber auf die Frage, wie das passieren konnte, antwortete er: „Sie verstehen schon“. Er fügte hinzu, dass Juri sich im Status eines Verdächtigen befindet, aber er konnte nicht genauer darüber berichten.
Die US-Botschaft in Belarus kommentierte ihrerseits die Verhaftung von Jury Sjankowitsch, eines Bürgers der Vereinigten Staaten und von Belarus. Die Diplomaten beantworteten keine konkreten Fragen darüber, wie die Botschaft die Inhaftierung eines US-Bürgers durch den belarusischen Geheimdienst bewertet, sowie ob der Konsul Sjankowitsch bereits in der Untersuchungshaftanstalt des KGB besucht hat. Die Botschaft betonte lediglich, dass sie immer bereit sei, konsularische Dienste im Falle der Inhaftierung eines amerikanischen Staatsbürgers zu leisten.
Tanya Hatsura-Yavorska aus der Untersuchungshaftanstalt entlassen
Die Menschenrechtlerin Tanya Hatsura-Yavorska (Tazzjana Hazura-Jaworskaja) wurde nach 10 Tagen Haft aus der Untersuchungshaftanstalt entlassen. Die Anklage gegen sie wurde dennoch nicht erhoben.
Tanya ist eine der Organisator*innen der Ausstellungen „Die Maschine atmet, aber ich nicht“. Am 5. April, ein paar Tage nach Schließung der Ausstellung, wurde sie festgenommen und ihre Wohnung zweimal durchsucht.
Heute wurde auch bekannt, dass der Ehemann der inhaftierten Menschenrechtslerin für 10 Jahre aus Belarus deportiert werden soll.
Eine dritte Gruppe von Angeklagten steht im „Reigenfall“ in Brest vor Gericht
Jetzt wird in Brest eine dritte Gruppe von Angeklagten in der Strafsache um einen Protestreigen an der Kreuzung im Stadtzentrum am 13. September letzten Jahres vor Gericht gestellt.
Diesmal waren es 14 Personen, die vor Gericht standen. Dazu gehören eine Mutter von vier Kindern, ein orthopädischer Unfallchirurg, Buchhalter, Ingenieure, ein Unternehmer und Angehörige freier Berufe.
Heute forderten die 11 Angeklagten die Öffentlichkeit des Prozesses und weigerten sich, sich zu setzen, bis die Journalist*innen und Zuschauer in den Saal gelassen würden. Daraufhin wurden nach mehreren Pausen endlich die Presse und die Zuschauer, die im Korridor geblieben waren, zum Prozess zugelassen.
Ein neuer Tag – neue Urteile und Haftzeiten
Die Generalstaatsanwaltschaft äußerte Statistiken über „Protest“ Strafverfahren – es sind mehr als 3.000 (600 im letzten Monat).
Hier sind die bekanntesten Beispiele für Urteile allein vom 15. April.
In Woranawa wurde eine Frau zu 1,5 Jahren Haft mit offenem Vollzug für einen „unhöflichen“ Kommentar in einem sozialen Netzwerk gegenüber einem Richter verurteilt.
Ein Mann, der bei einer Demonstration am 13. September gegen ein Polizeiauto getreten hat, wurde in Minsk zu 3 Jahren Haft verurteilt.
Eine Frau aus Minsk wurde zu 2 Jahren Haft mit offenem Vollzug verurteilt, weil sie die Chefin des Zentralen Wahlkomitee Lidija Jermoschina in einem Bezirks-Chatroom beleidigt hatte.