Der Schriftsteller Sascha Filipenko beschuldigte das Rote Kreuz der Zusammenarbeit mit dem Lukaschenkos Regime; der Bergarbeiter Jury Korsun tritt wegen seiner Entführung durch Sicherheitskräfte in den Hungerstreik; der Druck auf Umweltschützer in Belarus wurde verschärft; neue Aktionen und Verhaftungen am Valentinstag
14. Februar 2021 | Voice of Belarus
Der berühmte belarusische Schriftsteller Sascha Filipenko appelliert an das Oberhaupt des Roten Kreuzes
Die große Schweizer Zeitung „Neue Zürcher Zeitung“ veröffentlichte einen offenen Brief des belarusischen Schriftstellers Sascha Filipenko an den Präsidenten des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), Peter Maurer. Der Schriftsteller weist darauf hin, dass seit dem Beginn der friedlichen Proteste in Belarus Dutzende von Medizinern wegen ihrer politischen Haltung entlassen und mehr als zweihundert Ärzte und Krankenschwestern während der friedlichen Proteste festgenommen wurden. Einige wurden geschlagen, viele mit Geldstrafen belegt und bis zu 45 Tage inhaftiert. Die Arbeitsverträge von Ärzten werden wegen ihrer Beiträge in den sozialen Medien nicht verlängert, bewaffnete Sicherheitskräfte setzten Krankenwagen ein, um friedliche Demonstrationen aufzulösen, wobei sie die Tatsache nutzten, dass die durch das Rote-Kreuz getäuschten Demonstranten den Autos mit Polizisten Platz zum Fahren gaben. In belarusischen Gefängnissen werden Zivilisten wochenlang in Strafzellen ohne warmes Wasser und Hygieneartikel festgehalten, die Verhafteten werden gefoltert sowie psychischem und physischem Druck ausgesetzt. Das belarusische Rote Kreuz wird vom belarusischen Gesundheitsminister Dsmitryj Pinewitsch geleitet, der Lukaschenko direkt unterstellt ist, was der Position der Neutralität des IKRK widerspricht. Laut Filipenko kooperiert der IKRK mit dem kriminellen Regime, das 2020 ein Konzentrationslager für politische Gefangene in der Mitte Europas errichtet hat. Sascha Filipenko – Autor von fünf Romanen, die in 10 europäische und japanische Sprachen übersetzt wurden, und einer Reihe von Kurzgeschichten. Das Moskauer Theater „Gogol-Zentrum“ inszeniert ein Theaterstück nach seinem Roman „Das Rote Kreuz“.
Umweltschützer in Belarus stehen unter erhöhtem Druck der Sicherheitskräfte
Umweltaktivisten und Organisationen in Belarus sind in den letzten Wochen einem starken Druck der Sicherheitskräfte ausgesetzt. Die Letzten führen Verhaftungen, Durchsuchungen, Beschlagnahmungen von technischen Geräten durch, leiten Straf- und Verwaltungsverfahren gegen Umweltaktivisten und sympathisierende Anwohner ein. „Unter solchen Bedingungen – rechtliches Vakuum, fehlende öffentliche Umweltkontrolle und unabhängige Expertengemeinschaft – sind zusätzliche Umweltrisiken und -bedrohungen unvermeidlich. Besonders angesichts der Einführung des ersten Reaktors des Belarusischen Atomkraftwerkes. Unter diesen Bedingungen kann die derzeitige Führung des Landes kaum mit einer konstruktiven Zusammenarbeit auf internationaler Ebene rechnen. Die Nachbarschaft mit Belarus wird ökologisch unsicher für andere Länder.“ Dies geht aus einer Erklärung hervor, die von der belarussischen Partei „Die Grünen“, der Umweltvereinigung „Grünes Netzwerk“, der öffentlichen Vereinigung „Ecodom“ und der Belarussischen Anti-Atomkraft-Bewegung unterzeichnet wurde und am 13. Februar bei der belarusischen privaten Nachrichtenagentur BelaPAN eingegangen ist.
Der Bergarbeiter Jury Korsun beschuldigte Sicherheitskräfte der Entführung und trat in den Hungerstreik
Der Bergmann Jury Korzun wurde am frühen Morgen des 11. Februar vor seinem Haus festgenommen, als er sein Auto vorwärmte, um sein Kind zur Schule zu bringen. Er wurde zu 15 Tagen wegen Ordnungswidrigkeit angeklagt. Der Grund ist die Teilnahme an einer Massenveranstaltung. Nach Angaben des Telegram-Kanals „Statschkom Azot“ reichte Korsun als Zeichen des Protestes während der Gerichtssitzung eine schriftliche Erklärung zum Beginn seines Hungerstreiks im Zusammenhang mit seiner tatsächlichen Entführung ohne Begründung, der illegalen Durchführung des Ordnungswidrigkeitsprozesses und der Verletzung verfassungsmäßiger Rechte ein. Jury Korsun hat bereits 15 Tage im Gefängnis für die Teilnahme an einer nicht genehmigten Veranstaltung, einer Tee-Party im Park, verbüßt. Aber er wurde danach nicht freigelassen, da ihm erneut 15 Tage gegeben wurden. Im September 2020 kettete sich Jury Korsun an die Bergbauausrüstung und weigerte sich aus Protest, die Mine zu verlassen. Danach schloss er sich dem Streik an.
„Ich liebe Belarus!“: Protestaktionen und weitere absurde Massenverhaftungen
Am 14. Februar, dem Valentinstag, kamen die Belarus*innen zu Sonntagsprotesten unter dem Motto „Ich liebe Belarus“. Auf diese Weise bekannten die Einwohner von Belarus ihre Liebe zu all jenen, die jetzt für ihre politischen Haltung im Gefängnis sitzen, für ihr Heimatland. In Minsk tanzten Feministinnen heute gegen die Gewalt und schlossen sich der internationalen Aktion One Billion Rising an. „Liebe ist keine Gewalt und es spielt keine Rolle, wo sie auftritt: Zu Hause oder durch den Staat, jede Gewalt ist inakzeptabel“, sagten die Teilnehmerinnen der Aktion.
Am späten Abend des 13. Februar nahmen Minsker OMON Sonderkräfte 68 Teilnehmer und Zuschauer des Konzerts der belarussischen Bands PSP, „Rasbitaje serza pazana“ [Gebrochenes Herz des Jungen – Anm. d. Übrs.], Panska Moc und Ok-Band im Erholungszentrum „Ogonjok“ bei Minsk fest. Das Innenministerium erklärte, dass sich „unter dem Deckmantel einer Musikparty Aktivisten destruktiver Telegram-Kanäle versammelten“.
Menschenrechtsaktivisten berichten außerdem von der Inhaftierung von 19 Skifahrern in Maladsetschna. Die Polizei warf ihnen vor, eine nicht genehmigte Kundgebung im Wald abzuhalten.
In Salihorsk fanden ebenfalls Inhaftierungen statt. OMON nahm Bürger fest, die im Park spazieren gingen. Die Festgenommenen hatten eigentlich keine Zeit, sich zu einer Gruppe zu versammeln, sie hatten keine Symbole und riefen keine Slogans. Einige der Festgenommenen sind Vertreter des Streikkomitees der offenen Aktiengesellschaft „Belaruskalij“.
For more information on the events of 14 February 2020, please visit Infocenter Free Belarus 2020: