Belarus Daily | 15. Feb

Vereinte Nationen äußern erneut Besorgnis über Lage in Belarus; litauische Polizisten schockiert über Folterungen an Belarus:innen; neue Namen in belarusischer „Terroristen“-Liste; Nationalflagge wird nicht als historischer und kultureller Wert anerkannt

15. Februar 2021 | Voice of Belarus
„Raus aus dem Häuschen“ von Lilia Kwazabaja.
Source: instagram.com/lilia_kvatsabaya

UN-Sonderberichterstatterin für Belarus: Die aktuelle Situation macht Sorgen und verursacht Stress

In einem Interview Euroradio betonte die UN-Sonderberichterstatterin für Belarus Anais Marin, das gesteigerte Interesse der Vereinten Nationen an den Geschehnissen in Belarus. Die Menschenrechtssituation sei ausgesprochen beunruhigend. Für den 25. Januar ist die Vorstellung eines Berichts der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte Michelle Bachelet zur Lage der Menschenrechte in Belarus geplant. Frau Marin betonte, dass der UN-Ausschuss für Bürgerliche und Politische Rechte seit Anfang Mai 2020 40 Fälle von Menschenrechtsverletzungen in Belarus registriert habe. Weitere 200 Individualbeschwerden von Belarus:innen warten auf Prüfung. Die meisten Beschwerden beträfen Verstöße gegen das Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Dies ist die größte Anzahl von Beschwerden aller Länder. Die Sonderberichterstatterin betrachtet die Festnahmen und strafrechtlichen Verfolgungen unschuldiger Menschen, insbesondere von Journalisten, als gesetzlos und zynisch. Die aktuelle Situation beunruhigt sie und auch bei ihr, wie auch viele Belarus:innen Stress aus. Frau Marin zufolge ist es sinnlos, im Rahmen des alten Wahlsystems Neuwahlen abzuhalten, weshalb globale Reformen durchgeführt werden müssten. Internationale Institutionen sollten Belarus dabei helfen, aber dafür sei es notwendig, dass die belarusischen Eliten ihrerseits Interesse an einer Zusammenarbeit zur Durchführung der notwendigen Reformen zeigen.

Anais Marin.
Source: euroradio

Litauische Polizisten schockiert über Berichte von Folteropfern in Belarus

In Belarus wurde seit Beginn der Proteste kein einziges Ermittlungsverfahren wegen Anwendung von Gewalt und Folter an Zivilisten eingeleitet, obwohl der Ermittlungsausschuss der Republik Belarus nach offiziellen Angaben rund 1.800 solche Anzeigen erhalten hat. Einige Opfer zeigten im Rahmen der universellen Gerichtsbarkeit die Verbrechen der belarusischen Einsatzkräfte bei Strafverfolgungsbehörden von EU-Ländern an. Litauen war das erste Land, das entsprechende Ermittlungen eingeleitet hat. Unter denjenigen, die eine Anzeige wegen Folter eingereicht haben, ist die litauische Staatsbürgerin belarusischer Herkunft Maryja Matusewitsch, die wegen Teilnahme an einer friedlichen Kundgebung festgenommen wurde. Litauische Polizist:innen waren schockiert über ihre Aussagen zu Misshandlungen und Folter an ihr und anderen Festgenommenen. In Litauen wird bereits in 5 Fällen ermittelt, 11 Fälle werden zur Übergabe an die polnische Staatsanwaltschaft vorbereitet. Am 7. Februar wurde die erste Anzeige wegen Folter durch die Polizei-Sondereinheit OMON bei der Tschechischen Zentralstelle zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität eingereicht.

Source: KYKY.ОRG

Antwort des Kulturministeriums auf Petition bezüglich weiß-rot-weißer Flagge

Mehr als 103.000 Menschen haben eine Petition zum Schutz der weiß-rot-weißen Flagge unterschrieben und diese beim Kulturministerium, der Generalstaatsanwaltschaft und dem belarusischen Innenministerium eingereicht, nachdem die Behörden diese Flagge als extremistisch einstufen wollten. Die Petition enthält die Forderungen, die Nationalflagge als historisches und kulturelles Erbe anzuerkennen und die Verfolgung von Belarus:innen wegen dieses Nationalsymbols einzustellen. Das Kulturministerium reagierte mit der Ablehnung, die weiß-rot-weiße Flagge als historischen und kulturellen Wert der Republik Belarus anzuerkennen. In der Begründung der Ablehnung verweist das Kulturministerium auf das UNESCO-Übereinkommen zur Erhaltung des Immateriellen Kulturerbes, in welchem Flaggen als Kulturgut nicht erwähnt werden. Der Rest der in der Petition genannten Fragen falle nicht in den Zuständigkeitsbereich des Kulturministeriums. Die weiß-rot-weiße Flagge war von 1991 bis 1995 die Staatsflagge und das oft vor seinem Hintergrund abgebildete Wappen „Pahonja“ ist im Jahr 2010 in die staatliche Liste der historischen und kulturellen Werte der Republik Belarus aufgenommen wurde. Die Kombination von Weiß und Rot wird seit Jahrhunderten in der traditionellen belarusischen Ornamentik verwendet. Im 19. Jahrhundert traten Belaruse:innen mit roten und weißen Bändern beim Kalinouski-Aufstand für ihre Unabhängigkeit ein.

Source: TUT.BY

Belarusischer KGB erweitert Terrorliste um 17 Personen

Das Komitee für Staatssicherheit (KGB) von Belarus nahm 17 Staatsbürger in die Liste der Personen auf, die an terroristischen Aktivitäten beteiligt sind. Die „Terrorliste“ umfasst 5 Frauen und 12 Männer. Alle Belarus:innen, die der aktualisierten Liste des KGB hinzugefügt wurden, werden gemäß Art. 289 des Strafgesetzbuches von Belarus („Terrorgesetz“) beschuldigt, was Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von 8 Jahren bis zu lebenslänglich oder zur Todesstrafe bedeutet. Sie werden der sogenannten Autuchowitsch- und der Alinewitsch-Gruppen (Anarchist:innen) zugeordnet. Sie werden beschuldigt, eine Polizeistation und Häuser von Milizmitarbeitern in Brand gesetzt sowie deren Autos gesprengt zu haben. Im Dezember 2020 erklärte Lukaschenko, dass Mitglieder einer in Belarus festgenommenen Terroristengruppe unter der Führung von Mikalaj Autuchowitsch „Tonnen von Waffen“ über die Ukraine ins Land eingeführt hätten. Ihm zufolge bereiteten sie Anschläge in der ganzen Republik vor und haben bereits begonnen, diese zu verüben. Bis heute gibt es allerdings kein einziges Opfer dieser „Terroristen“. Die Propaganda versucht jedoch auf jede erdenkliche Weise, die Bevölkerung von Belarus einzuschüchtern. Zuvor wurden zwei weitere Belarusen auf die „Terroristenliste“ gesetzt – Szjapan Puzila und Raman Pratasewitsch, die den in Belarus beliebtesten Telegramkanal NEXTA eingerichtet haben, der in Belarus offiziell als extremistisch gilt.

Source: euroradio

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