Pawel Latuschka ruft Belarusen zu Straßenprotesten auf; Dänemark nennt das Land zukünftig Belarus; belarusische Gerichtsprozesse: 15 Tage Haft für Herzchen am Fenster, 2 Jahre Gefängnis wegen Applaus
19. März 2021 | Voice of Belarus
Dänemark benennt das Land in Belarus um
Das Außenministerium von Dänemark benutzt ab jetzt den Namen Belarus anstelle von Hviderusland (Weißrussland). Dies ist hauptsächlich auf die Bemühungen der belarusischen Diaspora zurückzuführen.„Wir tun dies auf Wunsch der Bewohner*innen dieses osteuropäischen Landes, aber es soll auch als moralische Unterstützung für friedliche Proteste in Belarus angesehen werden“, sagte der dänische Außenminister Jeppe Kofod. „Man sollte die Unterstützung nicht unterschätzen, die mit einer Namensänderung einhergehen kann. Die Menschen wissen es zu schätzen, weil es dabei um ihre Identität, nationale Eigenartigkeit und den Respekt geht.“
Pawel Latuschka ruft Belarusen auf, auf die Straße zu gehen
Leiter des Zivilgesellschaftlichen Krisenmanagements Pawel Latuschka wandte sich an die Belarus*innen mit einem Aufruf zum Protest am 25. März, dem Tag der Freiheit. „Am 25. März beginnen wir im ganzen Land den Protestfrühling – den Frühling unserer Befreiung! Wir eröffnen die Kampagne ‚Pulsschlag unserer Freiheit‘“, erklärte Latuschka. Die Aktion wird aus zwei Hauptphasen bestehen: Im ersten Schritt werden sich die belarusischen Innenhöfe auf den Tag der Freiheit vorbereiten und im zweiten Schritt werden am Tag der Freiheit Straßenaktionen stattfinden.
Israelisches Unternehmen Cellebrite stellt Verkauf der Technologie zum Hacking von Telefonnetzen an Belarus ein
Die israelische Firma Cellebrite, die Softwarepakete für Sicherheitsdienste zum Extrahieren der Daten von Mobiltelefonen erstellt, hat beschlossen, diese Technologie nach Russland und Belarus nicht mehr zu verkaufen. Diese Erklärung folgte auf die Vorwürfe der Menschenrechtsaktivist*innen, dass ihre Produkte zur Verfolgung von Oppositionellen und Minderheiten eingesetzt worden seien. Das Internet-Portal dev.by entdeckte Anfragen des Ermittlungskomitees und des Forensischen Komitees von Belarus aus dem Jahr 2019 für den Kauf des UFED-Systems, die Erneuerung von Lizenzen, den technischen Support usw.
15 Tage Haft für Herzchen am Fenster, 2 Jahre Gefängnis für Applaus, 1,5 Jahre für Tanz vor der Bereitschaftspolizei
Tazzjana Sahorez wurde verurteilt, weil sie „Es lebe Belarus“ aus den Fenstern ihrer eigenen Wohnung im achten Stock gerufen haben soll. Sie bekam eine Geldstrafe von 870 Rubel (335 US-Dollar). Tazzjana selbst behauptet, sie sei zu diesem Zeitpunkt nicht in der Wohnung gewesen.
Ein 52-jähriger Einwohner von Minsk, Vater von zwei minderjährigen Kindern Ihar Lemeschau bekam 15 Tage Haft wegen weiß-rot-weißer Herzchen am Fenster im Kinderzimmer. Während der Gerichtsverhandlung erklärte der Mann, er habe mit den Kindern noch vor Neujahr Schneeflocken und Herzchen ausgeschnitten. Nach den Feiertagen wurden die Schneeflocken von den Fenstern entfernt, die Herzchen beschlossen sie jedoch hängen zu lassen.
Minsker Bezirksgericht Sawadski verurteilte den 23-jährigen Ingenieur Mikita Katschura zu vier Jahren „Chemie“ [Haft mit offenem Vollzug, Anm. d. Übers.]. Am Abend des 11. August 2020 fuhr Mikita mit seinem neuen Motorrad zu seinem Bruder, um den Kauf gemeinsam zu feiern. Er wurde von Verkehrspolizisten angehalten und aufgefordert, seine Dokumente und mitgeführten Gegenstände wegen des Verdachts der „Beteiligung an den Protesten“ vorzulegen. Er bat die Polizisten, ihre Dienstausweise vorzuzeigen, dafür zogen sie ihn von seinem Motorrad, warfen ihn zu Boden, verprügelten ihn mit Schlagstöcken und brachten ihn auf die Polizeiwache. Später wurde ein Strafverfahren gegen Mikita eingeleitet, weil er sich während der Verhaftung gewährt und einem der Sicherheitsbeamten das Hemd zerrissen haben soll.
Bezirksgericht Kastrytschnizki verurteilte am 19. März Swjatlana Brazjankowa zu zwei Jahren „Chemie“, weil sie aktiv an drei friedlichen Kundgebungen teilgenommen hatte, bei denen sie laut in die Hände klatschte und auf die Fahrbahn trat.
Das Gericht verurteilte den Musiker aus Hrodna Ihar Banzer zu eineinhalb Jahren „Chemie“. Ihm wird Rowdytum wegen der Straßeperformance vorgeworfen, die er in der Nacht vom 4. auf den 5. September 2020 in rosa Shorts und später in einem Tanga vor einem Polizeiauto tanzend aufführte. Während der ersten Anhörung zu seinem Fall kündigte der Musiker einen trockenen Hungerstreik an, den er auch 16 Tage lang abhielt, da er seinen Fall als „politisch motiviert“ ansieht. Heute wurde er vorübergehend freigelassen, musste sich allerdings verpflichten, den Aufenthaltsort nicht zu verlassen.