Belarus Daily | 19. Jan

Politischer Gefangene Ihar Losik seit 36 Tagen im Hungerstreik; Auguststreik bei Belaruskali für illegal erklärt; Baskau manipuliert mit Kindern wegen Absage der Eishockey-WM in Minsk; TUT.BY Medienstatus entzogen

19. Januar 2021 | BYHelp-Mediagroup
The wife and daughter of a political prisoner, Ihar Losik, who has been on hunger strike for 36 days.
Die Frau und die Tochter von Ihar Losik, einem politischen Gefangenen, der sich seit 36 Tagen im Hungerstreik befindet.
Source: BELSAT

#FreeIharLosik: Ihar Losik, seit 36 Tagen im Hungerstreik, geht es schlechter. Menschen treten in Hungerstreik aus Solidarität

Ihar Losik
Source: twitter.com/reform_by

Ihar Losik, Administrator des Telegram-Kanals Belamova und Berater von Radio Liberty, befindet sich seit fast sechs Monaten in Haft. Vor 36 Tagen trat Ihar in einen Hungerstreik, weil seine Haft aufgrund der Einleitung neuer Strafverfahren gegen ihn verlängert wurde.

Ihar wird langsam schwach, bekommt Probleme mit dem Blutdruck, aber gibt nicht auf und fordert seine Freilassung: Seine Frau und seine zweijährige Tochter warten auf ihn. Losik wird beschuldigt, die Organisation von Massenunruhen vorbereitet zu haben, aber Ihar besteht darauf, dass es keinerlei Beweise für diese Anschuldigungen gibt.

Swetlana Tichanowskaja forderte Ihar auf, den Hungerstreik zu beenden: „Sie müssen sich nicht aufopfern. Menschen sind dem Regime sowieso gleichgültig. Wir sehen, dass es nicht bereit ist, von seiner Brutalität abzulassen.“ Ihar weigerte sich jedoch, seine Prinzipien aufzugeben.

Das Team von NAU („Zivilgesellschaftliches Krisenmanagement“) appellierte an die Vertreter der EU, der USA und Großbritanniens, alle verfügbaren Mittel und Einflussmöglichkeiten einzusetzen, um das Sterben von Ihar Losik zu verhindern.

Source: youtube/Voice of Belarus

Ihar wurde von Menschenrechtsverteidigern als Gewissensgefangener anerkannt.

Belarusische Diaspora veranstaltet Aktionen und ruft zur Unterstützung für Ihar Losik und andere Gefangene auf.

Belarusen begannen, sich dem Hungerstreik anzuschließen, um sich mit Ihar zu solidarisieren und um die internationale Gemeinschaft auf das Problem der unrechtmäßigen Inhaftierung von belarusischen Bürgern aufmerksam zu machen.

Der orthodoxe Priester Uladzislau Bagamolnikau trat heute, am Fest der Taufe des Herrn, aus Solidarität mit Ihar Losik in den Hungerstreik. Priester Uladzislau Bagamolnikau ist Doktor der Theologie, Dozent für Philosophie und Geschichte der Philosophie an der Theologischen Akademie in Minsk. Er war es, der die Trauerfeier für Raman Bandarenka – von Sicherheitskräften zu Tode geprügelt – abhielt.

Bekannt wurde außerdem, dass zwei Studentinnen der Belarusischen Medizinischen Universität in den Hungerstreik getreten sind: Marharyta Trafimovich und Eleanora Arsumanjan.

Am Samstag, dem 23. Januar, um 15:00 Uhr sind in allen belarusischen Städten Solidaritätsketten zur Unterstützung von Ihar Losik und anderen politischen Gefangenen geplant.

Poster text: Chains of solidarity with the heroes of change. Saturday, 23 January, 3pm. Everybody in Belarus. Right on your street.
Plakattext: Ketten der Solidarität mit den Helden des Wandels. Samstag, 23. Januar, 15 Uhr. Ganz Belarus. Direkt in Ihrer Straße.
Source: t.me/belamova

Oberster Gerichtshof von Belarus erklärt Streik bei Belaruskali für illegal

Belarus Supreme Court declared the strike at Belaruskali illegal
Source: TUT.BY

Der Oberste Gerichtshof der Republik Belarus gab der Berufung des Streikkomitees von Belaruskali gegen die Entscheidung des Minsker Bezirksgerichts vom 11. September 2020 nicht statt. Damals entschied das Gericht, dass der Streik, der am 17. und 18. August 2020 im Unternehmen stattfand, illegal war.

Am 17. August blieben 120 Mitarbeiter der Arbeit fern, am 18. August waren es 671. Zum damaligen Zeitpunkt unterzeichneten etwa 6 bis 7 Tausend von ca. 16,5 Tausend Beschäftigten des Unternehmens die Forderung, in den Streik zu treten. Formal wurde der Streik für illegal erklärt, weil er ohne eine vorherige Arbeitnehmerversammlung stattfand, wie es das Gesetz vorschreibt. Vertreter des Streikkomitees informierten den Arbeitgeber bereits während des Streikes, also am 18. August. Die Berufung wurde vom Vertreter des Streikkomitees Anatol Bakun eingereicht, der die Aufhebung des Gerichtsbeschlusses beantragte und sich dabei auf die Tatsache berief, dass der Fall in seiner Abwesenheit verhandelt wurde. Er wurde nicht über die Zeit und den Ort der Verhandlung informiert.

In den letzten Monaten kündigten immer mehr Mitarbeiter des Unternehmens an, sich dem Streik anzuschließen, um ihre Unzufriedenheit mit den Geschehnissen im Land und im Unternehmen auszudrücken. Nach unseren Informationen haben sich bis Anfang Dezember 2020 mehr als 100 Personen dem Streik angeschlossen. Über die Hälfte von ihnen wurde bereits entlassen. OAO „Belaruskali“ ist einer der größten Lieferanten von Kalidüngemitteln auf dem Weltmarkt. Sein Hauptgeschäftspartner ist das norwegische Unternehmen YARA, einer der weltweit größten Düngemittelhersteller. YARA äußerte sich besorgt über die Situation bei Belaruskali, nachdem die streikenden Arbeiter des Unternehmens verhaftet und entlassen wurden. Außerdem kam es in den letzten Monaten zu Unfällen mit verletzten und getöteten Bergleuten. Belarusen auf der ganzen Welt rufen YARA auf, den Vertrag mit Belaruskali auszusetzen und den Streikenden zu helfen.

Baskau reagiert mit heftiger Kritik auf Absage der Eishockey-WM in Minsk und bekommt Antwort

Dmitry Baskov
Dsmitry Baskau.
Source: Belaruspartisan

Am Montag, dem 18. Januar, entzog die Internationale Eishockey-Föderation (IIHF) Minsk das Recht, die Weltmeisterschaft auszurichten. Als Grund nannte man Sicherheitsbedenken im Zusammenhang mit der politischen Situation im Land. Zuvor hatten sich die größten Sponsoren der WM (Škoda, Tissot, NiveaMen, Liqui Moly) geweigert, die Meisterschaft wegen der beispiellosen Menschenrechtsverletzungen in Belarus zu finanzieren. Offizielle Medien und Vertreter von Sportorganisationen entluden eine Flut von wütenden Kommentaren. Der Chef des belarusischen Eishockeyverbandes, Dsmitry Baskau, gegen den die IIHF wegen seiner Beteiligung an der Ermordung von Raman Bandarenka ermittelt, erklärte, dass die IIHF und die größten internationalen Markenhersteller Opfer politischer Spiele um Belarus geworden seien. Eine Welle der Empörung löste Baskaus Appell an die Belarusische Stiftung für Sportsolidarität (BSSF) aus: „Heute feiern Sie Ihren Sieg, indem Sie dem belarusischen Volk ein wahres Fest wegnehmen. Danach können Sie sich nicht mehr Belarusen nennen! Sie sind Verräter! Sie haben die Weltmeisterschaft in erster Linie den Tausenden von Kindern weggenommen, die Eishockey spielen.“ Kapitänin der Frauen-Basketballnationalmannschaft von Belarus und Aktivistin des Freien Athletenverbandes von Belarus Kazjaryna Snyzina kommentiert seine Rede: „Sie nehmen den Kindern ihre Eltern weg! Vor ihren Augen nehmen Sie ihre großen Brüder und Schwestern fest! Sie verhaften ihre Großeltern!!! Sie nehmen den Kindern ihre Trainer, ihre Kunstlehrer, die Menschen, die sie unterrichten und erziehen weg! Sie nehmen sie ihnen für immer weg!“

Informationsportal TUT.BY endgültig Medienstatus entzogen

TUT.BY
Source: Deutsche Welle

Das vor mehr als 20 Jahren gegründete Internetportal TUT.BY ist eines der größten in Belarus und erreicht dort mehr als 60% der Internetnutzer. Heute bestätigte das Minsker Wirtschaftsgericht einen früheren Gerichtsbeschluss, TUT.BY den Medienstatus zu entziehen. Infolgedessen verlieren seine Journalisten ihr Recht, bei staatlichen Stellen offizielle Informationen einzuholen und dürfen nicht mehr über öffentliche Veranstaltungen berichten. Aber TUT.BY bleibt bestehen und seine Journalisten werden weiterhin Informationen im Rahmen der Gesetze der Republik Belarus sammeln, empfangen, übermitteln und verbreiten, sowie ihre eigene Meinung äußern. Zuvor hatte das Informationsministerium der Republik Belarus am 9. August 2020 die Tätigkeit von TUT.BY als Medienunternehmen für die Verbreitung von verbotenen Informationen, einschließlich Materialien über die Fälschung von Wahlen in Belarus, vorübergehend eingestellt. Das Portal berichtete viel über die Proteste gegen Alexander Lukaschenko, seine Journalisten wurden wiederholt von Sicherheitskräften festgenommen. Ende letzten Jahres wurde in einer gemeinsamen Erklärung der USA, der EU und von mehr als fünfzig weiteren Ländern zur Menschenrechtssituation in Belarus betont, dass „die Angriffe auf TUT.BY, das größte unabhängige Medienunternehmen in Belarus, aufhören müssen.“


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