2 Jahre Gefängnis für BELSAT-Journalisten und Reaktion der Weltgemeinschaft auf Unrecht in Belarus; Strafverfahren zum Tod von Raman Bandarenka eingeleitet; Gesetz über Extremismus in Belarus kommt; Sicherheitskräfte brechen in protestantische Kirche ein
18. Februar 2021 | Voice of Belarus
Kein „äußerst besorgt“ mehr, nur „konkrete Maßnahmen“. So reagiert die Welt auf das Urteil gegen die belarusischem Journalistinnen
Ein Minsker Gericht verurteilte die Journalistinnen des Fernsehsenders „Belsat“ Kazjaryna Andrejewa und Darja Tschulzowa zu zwei Jahren Strafkolonie allgemeinen Regimes für einen Live-Bericht über eine Aktion zum Gedenken an den ermordeten Raman Bandarenka. Darin war zu sehen, wie Sicherheitskräfte Demonstrant*innen zerstreuen. Dies ist der erste Prozess und die erste Verurteilung von Journalist*innen in Belarus in einem Strafverfahren im Zusammenhang mit Protesten gegen die Fälschung der Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen.
Weltweit reagierten prominente Medien und journalistische Vereinigungen entschieden auf die Gerichtsentscheidung: BBC, Le Monde, Politico, Financial Times, Human Rights Watch, IPI, IFJ, Associated Press, The Guardian, El Mundo, France 24, Voanews, Die Presse, Deutsche Welle.
Präsident der Republik Polen Andrzej Duda, die US-Botschaft in Belarus, Litauische Parlamentsabgeordnete, das Europäische Parlament, der Europäische Journalistenverband, der Internationale Journalistenverband, die Europäische Rundfunkunion und der Berliner Zweig der internationalen Menschenrechtsorganisation Reporter ohne Grenzen verurteilten das Urteil gegenüber die Journalistinnen scharf und forderten ihre sofortige Freilassung aus der Haft und die Verhängung neuer Sanktionen gegen das Lukaschenko-Regime.
Die Gerichtsentscheidung wurde auch vom ehemaligen US-Botschafter in Russland Michael McFaul kommentiert: „Erstaunlicher Mut. Bitte kein ‚äußerst besorgt‘ von demokratischen Spitzenpolitikern mehr. Stattdessen – konkrete Maßnahmen“.
Heute, am 18. Februar, im Zusammenhang mit der Verfolgung von Menschenrechtsorganisationen und Journalist*innen, verhängte die US-Regierung persönliche Sanktionen gegen 43 Personen, die für die Untergrabung der Demokratie in Belarus verantwortlich sind. Gegen sie wurden Visabeschränkungen erlassen. Die britische Sanktionsliste gegen das belarussische Regime wurde um 27 Personen erweitert, darunter Richter, Strafverfolgungsbeamte, Regierungsbeamte und Propagandist*innen.
Strafverfahren zum Tod von Raman Bandarenka eingeleitet: Kein Nachweis für Beteiligung von Polizist*innen
In Belarus wurde ein Strafverfahren wegen des Todes von Raman Bandarenka eingeleitet. So heißt es in einer Nachricht, die am Donnerstag, dem 18. Februar, im offiziellen Telegramkanal der belarusischen Generalstaatsanwaltschaft veröffentlicht wurde. Der Artikel, nach dem ermittelt wird, sieht eine Freiheitsstrafe von 5 bis 15 Jahren vor. Gleichzeitig stellte die Behörde fest, dass „keine Beteiligung von Polizeimitarbeitern an der Verursachung von Körperverletzungen bei R. I. Bandarenka festgestellt wurde“.
Der 31-jährige Raman Bandarenka wurde von Menschen verprügelt, die weiße und rote Bänder am „Platz der Veränderungen“ abgeschnitten hatten, und die Raman aufzuhalten versuchte. Zu dieser Zeit waren dort Beamte und Personen anwesend, die Lukaschenko besonders nahe stehen, wie die Ermittlungen der Organisation BYPOL belegen.
Der junge Mann erlag im Krankenhaus seinen Verletzungen. Alexander Lukaschenko kommentierte Ramans Tod mit der Aussage, dieser sei betrunken gewesen, darauf besteht auch die Generalstaatsanwaltschaft. Der Anästhesist Arzjom Sarokin, der die Information lieferte, dass Raman nüchtern war, und Kazjaryna Barysewitsch, Journalistin von TUT.BY, die darüber in den Medien berichtete, wurden verhaftet und befinden sich in Gewahrsam. Am 19. Februar findet die erste Anhörung im Prozess statt.
Polizei bricht in protestantische Kirche ein: Tür aufgebrochen, Gebet unterbrochen
Bei der evangelischen Kirche „Neues Leben“ in Minsk erschienen Gerichtsvollzieher mit der Polizei, um die Gläubigen aus dem Gebäude zu vertreiben. Als die Gläubigen sich weigerten, sie in das Gebäude einzulassen, sägten die Schlosser das Schloss an der Tür ab und stoppten das laufende Gebet im Inneren des Gebäudes. Die Polizei drohte mit Verhaftung und wies alle an, das Kirchengebäude zu verlassen, wobei sie gestatte, etwas vom Eigentum mitzunehmen. Die Geschichte der Konfrontation zwischen den Behörden und der Kirche begann 2005, als die Stadt beschloss, „Neues Leben“ aus einem 1992 errichteten Gebäude zu vertreiben. Der Druck auf die Gläubigen nahm Anfang 2021 zu, nachdem der Pastor von „Neues Leben“ im Jahr 2020 Gesetzesverstöße und Gräueltaten im Land verurteilt hatte und Gemeindemitglieder ein Video aufgenommen hatten, in welchem sie die Gewalt gegen Zivilisten verurteilen. Bischof der Vereinigung der Gemeinden der Christen des Vollen Evangeliums Leonid Woronenko appellierte an die gesamte christliche Gemeinschaft und an alle Menschen guten Willens „in dieser Situation zu beten und Ihre Stimme zu erheben“.
Neues Extremismusgesetz in Belarus möglich. Es wird noch schlimmer werden
Im Netz tauchte der Entwurfstext für Änderungen am Gesetz über Extremismus in Belarus auf. Wenn die Änderungen in Kraft treten, führt der KGB Listen von Personen und Organisationen, die als extremistisch gelten. Personen, die als „Extremisten“ eingestuft werden, wird nach einer besonderen Prüfung die Ausübung beruflicher Tätigkeiten und Abwicklung größerer Finanztransaktionen untersagt. Nach der Verbüßung einer Strafe wegen Extremismus wird der betroffenen Person für 5 Jahre die Ausübung von medizinischen, pädagogischen und publizistischen Tätigkeiten untersagt, und Ausländern kann die Staatsbürgerschaft entzogen werden (solchen, die die Staatsbürgerschaft der Republik Belarus erhalten haben), außerdem können sie dann abgeschoben werden. Die Bereitstellung von Mitteln für die sogenannte „Finanzierung extremistischer Aktivitäten“ würde ebenfalls als „Extremismus“ gelten.
Die Auslegung des eigentlichen Begriffs „Extremismus“ wird sich ändern. Nun sollen auch gesetzeswidrige Aktivitäten von Medien, internationalen Organisationen und Einzelunternehmern unter diesen Begriff fallen. Die Beleidigung und Diskreditierung eines staatlichen Organs oder eines Vertreters der Staatsmacht, die Diskreditierung von Belarus und sogar die Verletzung der öffentlichen Ordnung und die Organisation und Durchführung von Massenveranstaltungen wurden zur Liste extremistischer Aktivitäten hinzugefügt. Die Teilnahme an einer für die Regierung unerwünschten Veranstaltung und die Äußerung einer unerwünschten Meinung kann weitgehend und willkürlich als Extremismus interpretiert werden. Die Versammlungs- und Redefreiheit sind vollkommen abgeschafft, wie im Kriegszustand oder im Ausnahmezustand.
For more information on the events of 18 February 2021, please visit Infocenter Free Belarus 2020: