Noch härtere Strafen für Demonstranten; unabhängige Nachrichtenagentur durchsucht; Mahnwachen der Diaspora vor den Büros der Sponsoren der Eishockey-Weltmeisterschaft; Haftstrafe für Teilnahme an einer Videobotschaft; herausragende Wissenschaftler der Akademie der Wissenschaften von Belarus entlassen
14. Januar 2021 | BYHelp-Mediagroup
Die Behörden verschärfen die Strafe für Demonstranten, Geld- und Haftstrafen für die weiß-rot-weiße Fahne sind nun gesetzlich festgelegt
Es wurde gesetzlich festgelegt, dass die Verwaltungsstrafen für diejenigen verschärft werden, die ihre ablehnende Haltung gegenüber der aktuellen Regierung zum Ausdruck bringen. Zum Beispiel werden Geldstrafen für die Teilnahme an einer illegalen Massenveranstaltung um ein Vielfaches steigen. Die Möglichkeit der Bestrafung in Form sozialer Dienste wird eingeführt. „Ungehorsam“ wird jetzt mit einer Geldstrafe von bis zu 100 Grundeinheiten (900 Euro) bestraft. Für die Beleidigung von Strafverfolgungsbeamten gibt es bis zu 200 Grundeinheiten (1.800 Euro).
Darüber hinaus kündigten die Behörden plötzlich an, dass „das Dokument eine Haftung für die Verwendung verbotener Symbole vorsieht. Für eine Fahne auf dem Balkon beispielsweise gibt es eine Geldstrafe von bis zu 580 Rubel (180 Euro)“. Wie man sich vorstellen kann, handelt es sich dabei um weiß-rot-weiße Fahnen. Dabei ist sie offiziell nicht verboten.
Die Sprecherin des Oberhauses des Parlaments Natallja Katschanawa ist sich jedoch sicher, dass sich das neue Gesetz auf die weiß-rot-weiße Fahne bezieht:
„Wir haben bestimmte Staatssymbole, und alles andere ist nicht anerkannt. Natürlich werden weiß-rot-weiße Fahnen darunter fallen, das sind nicht anerkannte Symbole. Sie sind nicht erlaubt.“
Die Änderungen sollen ab dem 1. März in Kraft treten. Offenbar wird das belarusische Gesetz umgeschrieben, um den spezifischen Bedürfnissen von Lukaschenko gerecht zu werden. Von nun an werden die „Gesetze“ noch grausamer und zielen auf jegliche Unterdrückung friedlichen Protests ab.
Geschlagen, verhaftet, in Strafsachen angeklagt und der Akkreditierung beraubt – So arbeiten die Journalisten der unabhängigen Medien
In Belarus hält der beispiellose Druck auf unabhängige Medien an.
So wurde beispielsweise am 14. Januar das Büro der Nachrichtenagentur BelaPAN durchsucht. Die Durchsuchung dauerte drei Stunden, Anwalt Siarhej Sikrazki durfte das Büro nicht betreten, mehrere technische Vorrichtungen wurden mitgenommen.
Außerdem stellte sich heraus, dass Druckereien in verschiedenen Städten von Belarus sich weigern, Ausgaben der unabhängigen Zeitung „Brestskaja gaseta“ (Brester Zeitung) zu drucken. Ab Februar wird die belarusischsprachige Zeitung „Nowy tschas“ (Neue Zeit) in staatlichen Kiosken „Belsojuspetschat“ nicht mehr verkauft. Jetzt ist sie nur noch im Abonnement erhältlich. „Belsojuspetschat“ hat die Beendigung der Zusammenarbeit nicht kommentiert.
Unabhängige Medien haben heute eine Videobotschaft aufgenommen, in der sie über die Bedingungen sprechen, unter denen sie seit Mitte 2020 arbeiten müssen.
Journalisten werden geschlagen, verhaftet, in Strafsachen angeklagt, ihre Akkreditierungen werden entzogen.
#DontPlayWithDictator und #ReneFaselsupportsmurderer: das Ergebnis von Rene Fasels Reise nach Minsk
Nach Angaben aller Parteien und Veröffentlichungen in der Presse kann man feststellen, dass der Wunsch von Rene Fasel, bei seinem jüngsten Besuch in Minsk eine Einigung mit Lukaschenko zu erzielen, für den IIHF-Präsidenten zum Verhängnis wurde. Die endgültige Entscheidung über den Austragungsort der IIHF-Meisterschaft wird am 27. Januar bekannt gegeben. In der Zwischenzeit bleibt das Thema Eishockey in den Schlagzeilen.
In den sozialen Netzwerken der Hauptsponsoren des Sportereignisses wächst die Anzahl der Aufrufe, die Eishockey-Weltmeisterschaft von Minsk zu verlegen.
Als die Instagram-Gruppe razam.hamburg in ihren Stories an ŠKODA AUTO als einen der Hauptsponsoren der Eishockey-Weltmeisterschaft 2021 appellierte, antwortete das Unternehmen folgendes:
„Wir bei ŠKODA AUTO sind große Eishockeyfans. Wir sind seit 28 Jahren in Folge ein stolzer Partner der IIHF-Eishockey-Weltmeisterschaft. Letztendlich bleibt die Entscheidung über den Austragungsort der Eishockey-Weltmeisterschaft immer beim IIHF, einer unabhängigen Organisation, von der wir erwarten, dass sie angesichts der aktuellen Situation in Belarus in der nächsten Zeit eine klare und kluge Entscheidung treffen wird.
Wir verfolgen die jüngsten Ereignisse in Belarus aufmerksam und mit Besorgnis. Lassen Sie uns eines klarstellen: ŠKODA nimmt seine Menschenrechtsverpflichtungen ernst und setzt sich für eine offene Kommunikation auf der Grundlage der Gleichberechtigung ein. Wir respektieren, schützen und fördern alle geltenden Vorschriften zum Schutz der Menschenrechte als grundlegende und gemeinsame Anforderung auf der ganzen Welt – heute und in Zukunft.“
Darüber hinaus organisierte der Verband RAZAM.CH am 14. Januar eine friedliche Kundgebung unter dem Motto #DontPlayWithDictator und #ReneFaselsupportsmurderer vor der IIHF-Zentrale in Zürich.
„Wir fordern die IIHF dringend auf, das Sportereignis an einen anderen und sichereren Ort zu verlegen. Nur diese Maßnahme kann den guten Ruf der politischen Neutralität des Eishockey-Verbandes und der Schweiz im Besonderen bewahren“, so der Verband.
Eine Aktion gegen die Eishockey-Weltmeisterschaft in Minsk fand auch in Österreich statt.
Über 800 belarusische Wissenschaftler unterzeichneten einen Brief zur Unterstützung entlassener Kollegen der Akademie der Wissenschaften
Der Grund für diesen Brief war, dass Verträge einer ganzen Gruppe hochqualifizierter Wissenschaftler:innen am Institut für Geschichte der Nationalen Akademie der Wissenschaften nicht verlängert wurden. Es handelt sich um die Mitarbeiter:innen, die sich am aktivsten an der Arbeit der Gewerkschaft beteiligen, die die Rechte der Arbeitnehmer tatsächlich verteidigt.
„Es ist besonders alarmierend, dass eine Reihe von Mitarbeitern, darunter Mitarbeiter des Instituts für Geschichte und des Instituts für Allgemeine und Anorganische Chemie, kurz nach der Erstellung unabhängiger Gutachten zu Themen, die für die belarusische Gesellschaft heute von besonderer Bedeutung sind, eine Mitteilung über die Nichtverlängerung von Verträgen erhalten haben“, heißt es im Brief.
Die Unterzeichner:innen weisen darauf hin, dass Repressalien gegen Fachkräfte, die ihre direkten Aufgaben erfüllen, inakzeptabel sind. Zumal alle Betroffenen hoch qualifiziert sind, über viele Publikationen, Patente und eine solide Reputation in der internationalen Wissenschaft verfügen.
„Mahnwachen via Internet“: Mitarbeiter:innen der Zivilluftfahrt wegen Anti-Gewalt-Video vor Gericht
In Minsk stehen Marbeiter:innen der Zivilluftfahrt vor Gericht. Grund ist eine aufgezeichnete Videobotschaft gegen Gewalt und Gesetzlosigkeit.
„Wir sind keine Drogenabhängigen, Alkoholiker und keine polnische Fälschung. Wir sind belarusische Staatsbürger und wollen in einem freien und rechtsstaatlichen Staat leben, in dem das Gesetz und die Menschenrechte eingehalten werden, in dem ein gleichberechtigter Wahlkampf und faire transparente Wahlen stattfinden“, so die Mitarbeiter von Belavia und dem nationalen Flughafen Minsk im Video.
Laut Protokollen handelt es hierbei um eine nicht genehmigte Demonstration. Sogar die Formulierung „Demonstration via Internet“ wurde benutzt. Es finden Gerichtsprozesse statt. Zwei der Angeklagten haben bereits jeweils 15 Tage Haft erhalten, fünf weitere wurden mit Geldstrafen belegt, ein Fall wurde zur Überarbeitung zurückgeschickt.
Alle Teilnehmer:innen des Videos fürchten, dass ihre Verträge nach den Prozessen nicht verlängert werden, und einige von ihnen sind bereits arbeitslos.
For more information on the events of 14 January 2021, please visit Infocenter Free Belarus 2020: