Belarus Daily | 13. Mai

Maria Kolesnikowa drohen bis zu 12 Jahre Gefängnis; EU will belarusische Richter*innen und Staatsanwält*innen auf Sanktionsliste setzen; Inhaftierte Journalist*innen in Mahiljou treten in Hungerstreik

13. Mai 2021 | Voice of Belarus
Maria Kolesnikowa.
Source: Deutsche Welle

Maria Kolesnikowa drohen bis zu 12 Jahre Gefängnis

In Belarus sind die Ermittlungen im Fall gegen die Anführerin der belarusischen Proteste, Maria Kolesnikowa, abgeschlossen. Maria steht vor einer endgültigen Anklage – ihr drohen bis zu 12 Jahre Gefängnis. Kolesnikowa wird vorgeworfen, zu Handlungen gegen die nationale Sicherheit aufgerufen, sich zur Machtergreifung verschworen und eine extremistische Gruppe gegründet zu haben.

Maria Kolesnikowa, eine bekannte Musikerin und Kunstmanagerin, übernahm im Juni 2020 die Leitung von Viktar Babarykas Stab, nachdem der Politiker selbst und sein Sohn Eduard Babaryka, der frühere Leiter des Stabs, verhaftet wurden. Nach der Zusammenlegung der drei Stäbe im Juli 2020 wurde sie zusammen mit Swetlana Tichanowskaja und Veronika Zepkalo zu einer der brillantesten Anführerinnen des Protests. Nach den Präsidentschaftswahlen wurde Maria Mitglied des Präsidiums des von Tichanowskaja gegründeten Koordinierungsrates und nahm an Protestmärschen teil. Am 6. September 2020 wurde Kolesnikowa im Zentrum von Minsk von Einsatzkräften entführt, die danach versucht haben, sie aus dem Land zu vertreiben. Doch an der Grenze zur Ukraine zerriss Maria ihren Pass und weigerte sich, auszureisen. Sie wurde daraufhin in Gewahrsam genommen, wo sie sich seit über acht Monaten befindet.

Belarusische Richter*innen und Staatsanwält*innen werden in die EU-Sanktionslisten aufgenommen

Source: Delfi.lt

Im Parlament der Republik Litauen (lit. Lietuvos Respublikos Seimas) fand eine Pressekonferenz des Europaabgeordneten Michael Gahler mit litauischen Parlamentariern und Angehörigen der belarusischen politischen Gefangenen statt. Michael Gahler merkte an, dass er den Fall von Pawel Sewjarynez, dem Vorsitzenden der belarusischen Christdemokraten, verfolgt hatte und wusste, dass der Name der Richterin Iryna Lantschewa war. „Ich werde ihren Namen auf jeden Fall an meine Brüsseler Kollegen weitergeben, damit sie nach der Verkündung des Gerichtsurteils auf die Sanktionsliste gesetzt wird. Es ist sehr wichtig, dass all diejenigen, die zu solchen Prozessen beitragen – Richter*innen, Staatsanwält*innen, Ermittler*innen, Polizeichefs – sofort in unsere Liste der Sanktionen aufgenommen werden“, sagte der EU-Abgeordnete.

Žygimantas Pavilionis, der Vorsitzende des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten des litauischen Seimas (lit. Parlaments), sagte auch, dass diejenigen, die zu dem Verlust an Rechtsstaatlichkeit beigetragen haben, auf eine „Schwarze Liste“ gesetzt werden würden. „Jeder sollte wissen, dass Verbrechen keine Grenzen haben, und es wird eine Antwort darauf geben, was jetzt in Belarus passiert, zumindest auf unserem Territorium“, sagte er.

Swetlana Tichanowskaja traf sich mit der Präsidentin von Griechenland

Swetlana Tichanowskaja und Katerina Sakellaropoulou (griech. Κατερίνα Σακελλαροπούλου).
Source: tsikhanouskaya.org

Swetlana Tichanowskaja traf sich mit der griechischen Präsidentin Katerina Sakellaropoulou. Tichanowskaja bedankte sich bei Griechenland dafür, dass seine Botschafter ihre Beglaubigungsschreiben nicht an Alexander Lukaschenko übergeben haben, sprach über die Repressionen in Belarus, die Prozesse gegen politische Gefangene, Journalist*innen und Student*innen, die Haftbedingungen und schlug Griechenland vor, Repressierte und Familien von politischen Gefangenen zur Rehabilitation aufzunehmen. Die Parteien besprachen die Maßnahmen der EU, das vierte Sanktionspaket und den umfassenden Hilfsplan der EU für Belarus.

Inhaftierte Journalisten in Mahiljou treten in Hungerstreik

Aliaksandr Burakou.
Source: t.me/bajby

Gestern, am 12. Mai, kamen die Journalisten Aliaksandr Burakou und Uladsimir Lapzewitsch zum Bezirksgericht Mahiljou, um über den Prozess gegen Pawel Sewjarynez, Iryna Schtschasnaja und andere zu berichten.

20 Minuten vor Beginn des Prozesses vertrieb die Polizei alle, die die politischen Gefangenen unterstützen wollten, aus dem Gerichtsgebäude, und die Journalisten wurden wegen angeblicher „Teilnahme an einer nicht genehmigten Massenveranstaltung“ festgenommen. Jetzt warten sie auf den Prozess in der Untersuchungshaftanstalt.

Aus Protest gegen ihre Inhaftierung traten Aliaksandr Burakou und Uladsimir Lapzewitsch in den Hungerstreik. Dies wurde in der Haftanstalt berichtet, als Angehörige versuchten, ein Päckchen zu übergeben: Das Essen wurde nicht angenommen.

Die Journalistin Tatjana Kapitonowa wurde heute in Minsk festgenommen. Sie hat die Emerge-Konferenz im Coworking Space der Startup Family gefilmt, berichtet der Belarusische Journalistenverband.

Zeugen sagen, dass die Polizei kam, um gezielt die Journalisten festzunehmen. Sie wurde in die Abteilung für innere Angelegenheiten des Bezirks Sawezki gebracht, und morgen wird sie vor Gericht gestellt.

So befinden sich derzeit 15 Medienvertreter in belarusischen Gefängnissen.

Für Schlagzeugspielen bei Protesten – 6 Jahre Gefängnis

Source: BELSAT

Aljaxej Santschuk wurde im vergangenen November bei einer Probe der Trommelband „Patrabuem rasyszisja“ (bel. „Wir fordern euch zu zerstreuen“) festgenommen. Die Musiker spielten bei Protestmärschen und Kundgebungen und wurden zu einem der Symbole der Proteste. Nach 15 Tagen Haft wurde er immer noch nicht freigelassen. Nach Angaben der Musiker schlugen die Beamten der Hauptabteilung zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität und Korruption (GUBOPiK) Aljaxej während der Verhaftung. Das Bezirksgericht Maskouski in Minsk befand Aljaxej für schuldig und verurteilte ihn zu 6 Jahren in einer Strafkolonie verschärften Regimes. Laut Anklageschrift blockierte Santschuk „unter dem Deckmantel von Massenveranstaltungen“ in Minsk die Fahrbahn, zeigte deutlichen Ungehorsam gegenüber die Beamten der Abteilung der inneren Angelegenheiten, rief Slogans, klatschte laut in die Hände und schwenkte eine weiß-rot-weiße Flagge. Aleksey Santschuk hat eine Frau und eine Tochter, die 8 Jahre alt ist.

Rentner, der eine Frau vor der OMON-Sonderpolizei beschützte, wird noch härter bestraft

Jusef Njamera vor Gericht.
Source: Viasna Human Rights Center

Das Gericht in Hrodna hat das Urteil gegen den Rentner Jusef Njamera überdacht und beschlossen, seine Strafe zu verschärfen. Anstelle von 2,5 Jahren „Heimchemie“, Bewährungsstrafe mit Arbeitsauflagen, wird der Mann aus Hrodna 1,5 Jahre in einer Kolonie des allgemeinen Strafvollzugs verbüßen. Jusef Njamera nahm an dem Protestmarsch in Hrodna am 6. September 2020 teil und beschützte eine Frau vor dem brutalen Vorgehen eines OMON-Polizisten. Dabei schubste er einen der Polizisten. „Wahrscheinlich konnte mein Gewissen es nicht aushalten. Ich schlug den Polizisten im Bereich des Gesäßes und schrie: ,Lass los!‘“, erinnert sich Jusef. Während der sechs Monate, in denen Njamera sich unter der Bewährungsstrafe mit Arbeitsauflagen befand, wurde er 57 Mal kontrolliert, wobei keine Verstöße festgestellt wurden. Der Mann hat seine 91-jährige Mutter als Unterhaltsberechtigte.