29. September 2020, 10:32 | TUT.BY
In Maladsetschna (einer Stadt ca. 70 km nördlich von Minsk – Anm. des Übersetzers) sind zwei Teilnehmer einer Protestaktion am 19. Juni verurteilt worden. Während der Aktion hatte ein OMON-Bereitschaftspolizist seine Waffe gezogen. Die Männer wurden des Widerstandes gegen den OMON (Bereitschaftspolizei) beim Versuch, einen der Festgenommenen zu befreien, für schuldig befunden, berichten Menschenrechtsverteidiger.
Der Staatsanwalt Sjarhej Habrukowitsch empfahl am 28. September dem Gericht, Uladzislau Yeustsihneyeu und Pawel Piaskou nach Strafgesetzbuch Art. 363, § 2 (Widerstand gegen die Staatsgewalt) schuldig zu sprechen und zu 3 Jahren bzw. 3 Jahren und 3 Monaten Straflager zu verurteilen.
Die Richterin folgte der Empfehlung der Staatsanwaltschaft.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Gegenstand des Verfahrens war der Versuch von Teilnehmern der Protestaktion in Maladsetschna am 19. Juni, einen von der OMON festgenommen Demonstranten zu befreien. Dabei zog ein OMON-Mann seine Waffe. Foto- und Videoaufnahmen dieser Szene fanden ein breites Echo und sorgten für Empörung.
Beide Männer wurden einer Straftat beschuldigt und in Haft genommen. Gegen Pawel Pjaskou wurde eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen (1.350 Rubel = ca. 440 €) für die Teilnahme an der Protestaktion am 19. Juni verhängt. Dazu wurde der 31-jährige schon zu Verfahrensbeginn verurteilt. Der 25-jährige Uladzislau Jeustsignejeu erhielt für dieselbe Tat sieben Tage Arrest, die er direkt in Anschluss and drei Tagen in Untersuchungshaft absaß. Bei beiden Männern wurde die Schutzmaßnahmen in Hausarrest umgewandelt.
Als Geschädigte traten im Strafverfahren der OMON-Mann Wjatscheslau Jakawenka und der Hauptmann seiner Abteilung, Jauhen Baranau auf. Beide OMON-Polizisten erklärten, keine Ansprüche gegenüber den Angeklagten geltend machen zu wollen.
In der Klageschrift wird Pjaskou vorgeworfen, er habe bei dem Versuch, einen Festgenommenen zu befreien, den OMON-Polizisten Jakawenka angegriffen. Sie seien dabei beide auf den Bürgersteig gestürzt, der Angeklagte habe am linken Arm, an der Schulter und an der Kleidung seines Gegners gezogen und habe versucht, ihn von dem Festgenommenen wegzuzerren. Bei Jakawenka sei „das linke Hosenbein seiner Uniform im Kniebereich beschädigt worden“, außerdem habe er eine Körperverletzung in Form einer Hautabschürfung am linken Kniegelenk erlitten. Der OMON-Mann Baranau, der ebenso in den Vorfall involviert war, habe sich beim Sturz ein Knie und einen Ellenbogen verletzt.
Der Angeklagte Pjaskou hat seine Schuld teilweise anerkannt, jedoch keine weiteren Aussagen zur Sache gemacht. Uladzislau Jeustsihnejeu, dessen Anklage ähnlich lautete, hat sich uneingeschränkt für schuldig erklärt.
Im Zentrum von Maladsetschna war es am 19. Juni während einer Solidaritäts-Menschenkette zu einer Auseinandersetzung zwischen Protestierenden und Polizei gekommen. Unversehens erblickten die Menschen in der Hand eines der Polizisten einen Gegenstand, der nach einer Pistole aussah.
„Der OMON-Mann zog seine Waffe als der junge Mann schon, ich kann es nicht anders nennen, vom Ort des Geschehens schon davonkroch… Er machte von seiner Waffe keinen Gebrauch, aber alle Menschen traten etwa einen Meter vom Polizeibus zurück. Dann stiegen alle OMON-Leute, Polizisten und einer in Zivil in den Bus und fuhren davon“, sagt eine Zeugin, die Fotografin Nastasja Utkina.
Im Innenministerium erklärte man, dass der OMON-Mann keine Absicht gehabt habe, die Pistole einzusetzen. Sie sei aus dem Halfter herausgefallen, er sie lediglich aufgehoben und zurück in das Halfter gesteckt.