Die zweite Nacht der Proteste in Belarus

Mehr Gewalt, Schießereien und Barrikaden. Ein Toter

11. August 2020, 04:23 | Radio Free Europe / Radio Liberty
Protests in Minsk 1
Abend am 10. August in Homel, in der Nähe des Lenin-Platzes und des Dramatheaters
Source: Radio Free Europe / Radio Liberty

Am Abend des 10. August und in der Nacht zum 11. August gingen in ganz Belarus Massenproteste im Zusammenhang mit der Präsidentschaftswahl weiter.

Protestaktionen und eine gewaltsame Auflösung von Demonstrationen fanden in einer Reihe von belarusischen Städten statt, darunter Babrujsk, Brest, Wizebsk, Homel, Hrodna, Mahiljou, Bjarosa und Mazyr.

Protests in Vitebsk
Protest in Wizebsk
Source: Radio Free Europe / Radio Liberty

Am häufigsten wurden Proteste und Festnahmen in Minsk gemeldet. In der Nähe des Bangalore-Platzes beim Kaufhaus „Riga“ sowie zwischen den U-Bahn-Stationen Spartyunaja und Puschkinskaja bildeten sich zwei Hauptprotestzentren. Außerdem wurden Festnahmen in dem Stadtzentrum, шn Kamennaja Horka, Urutscha und in der Wohnanlage „Majak Minska“ gemeldet.

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Barrikaden in der Nähe des Kaufhauses „Riga“ in Minsk, vor Mitternacht
Source: Radio Free Europe / Radio Liberty

Einsatzkräfte bauten die Barrikaden in der Nähe von „Riga“ mindestens viermal ab – die Demonstranten zogen sich zurück, kehrten dann später wieder und bauten neue auf.

Protests in Minsk 4
Source: Radio Free Europe / Radio Liberty
Protests in Minsk 5
Source: Radio Free Europe / Radio Liberty

Gegen die Demonstranten wurden Knüppel, Blendgranaten, Wasserwerfer und Gummigeschosse eingesetzt. Die Explosionen waren in verschiedenen Teilen von Minsk bis 2 Uhr morgens zu hören.

Das Innenministerium bestätigte den Tod eines Demonstranten am 10. August gegen 23 Uhr starb ein Mann bei einer Explosion in der Prytytski-Straße in Minsk. Das Innenministerium behauptet, es sei ein selbst gefertigter Sprengsatz gewesen, den der Mann auf die Sicherheitskräfte werfen wollte. Die anwesenden Journalisten geben jedoch an, dass just zu dieser Zeit Sicherheitskräfte Blendgranaten auf die Demonstranten abfeuerten.

Journalisten behaupten, dass Menschen in Militäruniform gezielt auf sie geschossen hätten, obwohl auf deren Westen „Presse“ stand. Die Korrespondentin von „Nasha Niva“ Natallia Lubnewskaja war am schwersten verwundet: Sie erlitt eine Splitterwunde am Bein, der Knochen blieb jedoch intakt.

Protests in Minsk 6
Source: Uladz Hrydzin, Radio Free Europe / Radio Liberty
Protests in Minsk 7
Source: Uladz Hrydzin, Radio Free Europe / Radio Liberty

Das Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen die Demonstranten wurde aggressiver, Spezialausrüstung wurde häufiger eingesetzt, aber die Demonstranten begannen auch häufiger Barrikaden zu bauen und Gegenstände auf die Sicherheitsbeamten zu werfen. Zeugen in Brest sahen, wie man Feuerwerkskörper auf die Sicherheitskräfte abfeuerte, und in Minsk gab es Berichte von mindestens einem Molotowcocktail, den die Demonstranten in Richtung der Sicherheitskräfte warfen, sowie von hausgemachter Pyrotechnik, die auf Wasserwerfer geworfen wurde. In Bezug auf Letzteres sagten die Demonstranten: „Dies war eine Reaktion darauf, dass wir mit Granaten beworfen wurden.“