Chalesin: Irgendein Kanalarbeiter hat aus der EU-Sanktionsliste alles entfernt, was Lukaschenko ernsthaft schaden könnte

17. Dezember 2020, 17:03 | NN.by
Mikalaj Chalesin.
Source: Facebook

Der Regisseur des Belarus Free Theatre, Geschäftsführer von Creative Politics Hub, Mikalaj Chalesin, ist einer derjenigen, die sich aktiv für die EU-Sanktionsliste gegen Lukaschenkos Anhänger einsetzten.
Chalesin ist enttäuscht über den letzten dritten Sanktionsblock, der am 17. Dezember von der EU verabschiedet wurde – er sagt, dass er stark reduziert wurde. „Nascha Niwa“ hat mit Chalesin über dieses Thema gesprochen:

Das sieht für mich wie Hohn aus. Das Schlimmste ist, dass eine große Anzahl von Menschen an diesen Falldokumentationen gearbeitet hat – Journalisten, Ermittler, Angestellte verschiedener Spezialdienste. Viele Menschen haben daran gearbeitet, um der EU eine vollständige Liste zur Verfügung zu stellen.

In der Liste waren mehr als hundert Richter aufgeführt, mit detaillierten Beschreibungen ihrer Handlungen, sowie über hundert Sicherheitsbeamte. Und wenn wir über „Portemonnaies“ [des Regimes] sprechen: Es wurden Fallbeschreibungen für jeden erarbeitet, der mit der Familie Lukaschenko zusammenarbeitet. Dies waren mehrere Dutzend Namen. Es gab detaillierte Fallbeschreibungen mit detaillierten Informationen über Unternehmen, die in verschiedenen Ländern der Welt registriert sind. Alles wurde aus offiziellen Registern entnommen, bis hin zu den Besitzern der Unternehmen.

Im Ergebnis sahen wir eine Liste, die nach einem absolut unverständlichen Schema zusammengestellt wurde. Es ist klar, dass sie von überall ein wenig übernommen haben, aber diejenigen, die die endgültige Liste erstellt haben, haben keine Ahnung, wie das System in Belarus funktioniert und wie Belarus überhaupt lebt. Sie verstehen nicht einmal das Wesen von Sanktionen. Manchmal braucht man sogar keine große Zahl, aber bestimmte Segmente müssen vollständig eingefroren werden.

So zum Beispiel wurde Mikalaj Warabej in die Listen aufgenommen, aber das hat absolut keinen Sinn. Wenn wir über das Unternehmen Bremino-Group sprechen, das das Recht erhalten hat, Geld für den Transit zu sammeln, es wird von drei Geschäftsleuten geleitet: Saizau, Warabej und Alexin. Aber am Ende steht nur eine Person in der Liste. Das bedeutet, dass die Arbeit des Unternehmens geht weiter.

Was nützt es, dass Schakutin in der Liste steht? Alle seine Unternehmen in ihrer jetzigen Form werden keinen Gewinn bringen, da sich der Staat aktuell in solchen Turbulenzen befindet, dass es schwierig ist, High-Tech-Geschäfte zu betreiben. Es geht um das Geld im Umkreis der „Familie“. Das bedeutet, das staatliches Geld in private Taschen verschwindet. Hier müssen wir über Medikamentenhandel, das Zigarettengeschäft sowie
den Handel mit Öl und Kalium sprechen.

Aus meiner Sicht ist es ist einfach lächerlich, was die Europäische Union getan hat. Der Berg gebar eine Maus. Niemand wird darunter leiden, abgesehen davon, dass Katschanawa nicht nach Nizza in Urlaub fahren wird. Aber mir reicht das nicht!

Ich weiß, dass sie die Verantwortung für große Verbrechen trägt. Wir haben alle Falldokumentationen und werden darüber nachdenken, was wir mit ihnen tun. Es gibt die Möglichkeit, diese Fälle zu veröffentlichen. Weiterhin wäre es möglich, sie zur Untersuchung an große internationale Gruppen zu übertragen oder schließlich einfach aufzuhören, aber das wollen wir nicht. Dies ist schließlich nicht unsere Sache, sondern Sache des belarusischen Volkes.

Höchstwahrscheinlich war das ein Ergebnis der Arbeit der Lobbyisten von Putin und Lukaschenko. Und dies war keine klassische politische Lobbyarbeit, im Hintergrund hatten Kanalarbeiter ihre dreckigen Finger im Spiel. Irgendeine Ratte hat anscheinend gezielt alle aus der Liste entfernt, deren Sanktionierung Lukaschenko ernsthaft schaden könnte. Die wurden alle gestrichen! Einer von ihnen, Alexin, wurde im letzten Moment auf der Liste durchgestrichen, einfach mit einem Stift, nachdem die Sanktionsliste bereits alle Zustimmungen erhalten hatte. Eine sehr seltsame Geschichte. Und es scheint mir, dass man innerhalb der EU aufklären muss, wer so effektiv daran gearbeitet hat.

Ich glaube, dass Maschenskij nicht in die Sanktionsliste aufgenommen wurde, weil er mit Lukaschenko und Putin in Sotschi Ski gefahren ist. Für so einen wie Maschenskij ist die Falldokumentation angesichts aller seiner Verwicklungen groß. Aber wenn du Ski fährst, dann wirst Du natürlich von der Sanktionsliste gestrichen. Die Sache ist die, dass 300 bis 500 russische Unternehmen, die mit belarusischen zusammenarbeiten, unter solchen Sanktionen leiden würden, weshalb russische Lobbyisten sehr gründlich gearbeitet haben. Das alles ist durchgestrichen! Sicherlich spielt Einfluss von Lawrow und Putin eine Rolle.

Es wird uns versichert, dass diese noch in die vierte Sanktionsliste aufgenommen werden. Aber mir ist klar, dass die Lobbyisten der Gegenseite auch nicht ruhen und ihre Argumente verteidigen werden. Jetzt ist und nicht ganz klar, was als nächstes zu tun ist, und dies liegt am Mangel an Verständnis für die Dinge, die innerhalb der Europäischen Union geschehen.