„Ich denke nicht einmal daran, auszureisen“

Was Wolha Chischynkowa nach ihrer Freilassung erzählte

20. Dezember 2020, 14:51 | Aljaksandra Kwitkewitsch, SPORT.TUT.BY 
Source: TUT.BY

Am 20. Dezember wurde Wolha Chischynkowa nach 42 Tagen freigelassen. Sie wurde am 8. November festgenommen und für die Teilnahme an nicht genehmigten Massenveranstaltungen in drei Fällen angeklagt. Unmittelbar nach ihrer Freilassung sprach die TUT.BY-Journalistin Aljaksandra Kwitkewitsch mit Wolha, mit der sie zuvor 10 Tage gemeinsam in einer Zelle verbracht hatte, über die schrecklichen Haftbedingungen.

Erzähl, wie fühlst du dich?

Gut, jetzt, wo ich bei meinen Freunden bin, sehr gut. Ich hatte keine Ahnung, dass ich so viele habe (lacht).

Wie waren die letzten drei Wochen?

Ich war in einer Zelle mit den Mädchen, die wegen desselben Artikels einsaßen. Nach deinem Weggang, wurde eine Russin zu uns gebracht, die wegen einer Instagram-Storys verurteilt worden war. Sie erhielt 15 Tage (die Rede ist von der Russin, die ein Video über die Sicherheitskräfte auf Instagram geteilt hat – Anmerkung von TUT.BY). Vor einer Woche wurde die Heizung in unserer Zelle abgeschaltet, während der ganzen Zeit zog es durch das Fenster. Sie reparierten unseren Wasserhahn und unsere Toilette und nahmen uns dann ohne Erklärung die Matratzen weg.

Wir schliefen auf dem Boden, legten unsere Decken darauf und wickelten uns in unsere Kleidung. Ich hatte zwei T-Shirts, zwei dünne Rollkragenpullis und drei Sweatshirts an. Das war alles. Eine Frau bekam aus diesem Grund eine Blasenentzündung.

Wie wurde dir dein plötzlicher Transfer nach Schodsina erklärt (Wolha hatte fast die gesamte Zeit in der Akreszina-Haftanstalt verbracht, wurde aber wenige Tage vor ihrer Freilassung nach Schodsina gebracht)?

Ich habe keine Ahnung, man hat mich einfach transportiert. Im Vergleich zu Akreszina hat mich Schodsina angenehm überrascht. Es ist klar, dass diese beiden Einrichtungen dieselben strengen Regeln haben. Der einzige Unterschied besteht darin, dass man in Schodsina, wenn man sie beachtet, auch nicht schikaniert oder beleidigt wird.

Hast du nicht vor, das Land zu verlassen?

Ich will nicht. Ich möchte hier leben, ich habe viele Freunde hier, ich hatte keine Vorstellung, wie viele es sind. Ich denke nicht einmal darüber nach, ich liebe mein Land, ich möchte hier leben und arbeiten.