Online-Konferenz zum Tag der Solidarität mit Belarus. Angela Merkel fordert Ende der Gewalt in Belarus; Journalistenverbände fordern Maßnahmen zur Unterstützung belarusischer Kolleginnen; Studentinnen und Soldaten aus Belarus sollen nach Syrien geschickt werden
6 Februar 2021 | Voice of Belarus
Eröffnung neuer Volksbotschaften und zusätzliche Sanktionen: Online-Konferenz am Tag der Solidarität mit Belarus
Heute, am 6. Februar, fand eine Online-Konferenz unter dem Titel „Solidarität mit Belarus“ statt, die zeitlich auf den Tag der internationalen Solidarität mit Belarus am 7. Februar abgestimmt wuede. Daran nahmen Politiker*innen und Diplomat*innen aus verschiedenen Ländern teil. Das Treffen wurde von Swetlana Tichanowskaja eröffnet. An der Konferenz nahmen die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, Nicola Beer, die litauische Ministerpräsidentin Ingrida Šimonytė, der deutsche Außenminister Heiko Maas, der deutsche Europaabgeordnete Michael Gahler, der litauische Europaabgeordnete Andrius Kubilius, der polnische Europaabgeordnete Robert Robert Biedroń, die schwedische Europaabgeordnete Karin Karlsbro und der Bundestagsabgeordnete Manuel Sarazzin teil. Sie alle drückten ihre Bewunderung für die friedlichen Belarus*innen aus, die trotz der unaufhörlichen Gewalt weiterhin für ihre Freiheit kämpfen. Heute inspiriert das Beispiel der Belarus*innen Freiheitskämpfer*innen in Russland und anderen Ländern. Die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments Nicola Beer sprach sich für die Verhängung von Sanktionen gegen belarusische Richter*innen aus. „Es gibt nicht genügend persönliche Sanktionen gegen Vertreter von Machtinstitutionen. Wir müssen sie auf die Vertreter*innen des Justiz- und Strafverfolgungssystems und Mitarbeiter*innen von (Alexander) Lukaschenko ausdehnen“, sagte Beer.
Der deutsche Außenminister Heiko Maas erklärte, Deutschland werde einen Mechanismus schaffen, um die Schuldbeweise derjenigen zu sammeln, die in Belarus die Menschenrechte verletzen. Außerdem wird Deutschland bis zu 21 Millionen Euro für das Programm zur Unterstützung der Zivilgesellschaft in Belarus bereitstellen. „Wir werden einen Mechanismus schaffen, um Beweise gegen diejenigen zu sammeln, die Menschenrechte verletzen. Der Tag wird kommen, an dem sie zur Rechenschaft gezogen werden. Der Tag wird kommen, an dem die Menschen in Belarus unter Bedingungen der Demokratie, der Freiheit und der Rechtsstaatlichkeit leben können“, sagte er.
Während der Konferenz wurde die Eröffnung von sieben neuen Volksbotschaften von Belarus bekanntgegeben. Insgesamt wurden 22 Volksbotschaften in verschiedenen Ländern der Welt eröffnet. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, die Rechte und Interessen der belarusischen Bürger*innen im Ausland zu schützen und die Interessen eines demokratischen Belarus zu vertreten.
Der Leiter des Zivilgesellschaftlichen Krisenmanagements, Pawel Latuschka zeigte sich zuversichtlich, dass bald eine weiß-rot-weiße Flagge über jede Botschaft als offizielle Flagge des neuen Belarus gehisst werde.
Merkel forderte die derzeitige belarusische Regierung auf, die Repression unverzüglich zu beenden
In ihrem wöchentlichen Podcast erklärte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, dass ihr Land und die EU die Ergebnisse der vergangenen Präsidentschaftswahlen in Belarus nicht anerkennen. Die Wahlen waren weder frei, noch fair, noch transparent. OSZE-Wahlbeobachter wurden nicht zugelassen. Merkel ruft die belarusische Regierung unter Führung von Alexander Lukaschenko auf, die Repression unverzüglich zu beenden und die politischen Gefangenen freizulassen. Die Bundesregierung hat nun einen „Aktionsplan für Zivilgesellschaft Belarus“ beschlossen. So können verfolgte Oppositionelle und Menschen in humanitärer Notlage leichter Visa und damit Zuflucht in Deutschland bekommen. Deutschland will traumatisierten Folteropfern helfen, aber auch Stipendien auflegen und unabhängige Medien unterstützen. Merkel drückte auch ihre Bewunderung über die mutigen Belarus*innen aus, die seit sechs Monaten für Demokratie und Freiheit kämpfen. „Doch die Staatsführung von Alexander Lukaschenko hat auf die gewaltlosen Demonstrationen nur eine Antwort, Gewalt. Das Kalkül der Machthaber scheint zu sein, dass die Welt diese mutigen Menschen schon wieder vergessen wird. Das dürfen wir nie zulassen“, sagte die Kanzlerin.
Von Belarus nach Syrien: ein Soldat in den Kriegsdienst, Studenten – zum Studium
Nach Informationen der Initiative BYPOL werden im September 2021 etwa 600 belarusische Soldaten der Sondereinsatzkräfte zu einer Friedensmission nach Syrien geschickt werden. Sie werden dort für den Patrouillendienst eingesetzt. Den Soldaten sind etwa 2.000 US-Dollar pro Monat zugesagt, was um ein Vielfaches unter den Gehältern russischer und französischer Friedenstruppen für ähnliche Missionen liegt. Das Kommando der Sondereinsatzkräfte hat bereits mit der Rekrutierung von Wehrpflichtigen für die Friedenstruppen begonnen, aber es ist unklar, ob die Soldaten sich frei entscheiden können oder ob es sich um einen Zwangseinsatz handelt. Russland, das im Rahmen des Unionsstaates ein Partner von Belarus ist, ist am Syrien Konflikt beteiligt. Es steht auf Seiten der syrischen Regierung unter Präsident Bashar al-Assad und liefert Waffen an die Regierungstruppen.
Wie der Journalist Serge Kharytonau, Experte des Institute for the Study of War in Washington in seinem Telegrammkanal schreibt, glaubt er, dass der Hauptzweck der Entsendung belarusischer Soldaten und Offiziere nach Syrien darin besteht, russische Militäreinsätze außerhalb der Russischen Föderation zu legalisieren und die Verteidigungsfähigkeit von Belarus zu schwächen. Die Verdrängung der professionellsten Offiziere der belarusischen Streitkräfte aus Belarus, die sich dem gewaltsamen Szenario einer „tieferen Integration“ von Belarus und Russland nach den gemeinsamen Übungen im Herbst 2021 entgegenstellen könnten, gibt Anlass zur Sorge.
Etwa zur gleichen Zeit erschien auf den Seiten der Belarusischen Staatlichen Universität in den sozialen Netzwerken ein Angebot für Student*innen für einen kostenlosen Studienaufenthalt in Syrien. Diese Botschaft löste bei den Student*innen eine Welle der Empörung und Überraschung aus, da in Syrien findet seit mehreren Jahren ein blutiger Bürgerkrieg statt.
Schwedische Schulkinder schrieben Briefe an belarusische politische Gefangene
In einer Unterrichtsstunde in einer der Stockholmer Schulen diskutierten Schüler der 9. Klasse über Proteste und Demonstranten in Belarus. Beeindruckt von den tragischen Ereignissen in Belarus schickten die Kinder über 100 Briefe an die belarusischen politischen Gefangenen. Viele Schüler*innen sind schockiert darüber, wie jung viele der Gefangenen sind. Darüber schrieb Ihr Lehrer Fredrik Sellerfors.
Europäische und internationale Journalistenverbände fordern Maßnahmen zur Unterstützung belarusischer Kolleg*innen
Am Vorabend des Prozesses gegen zwei Journalistinnen des Fernsehsenders BELSAT Kazjarina Andrejewa und Daria Tschulzowa denen bis zu drei Jahre Gefängnis droht, weil sie live über die gewaltsame Auflösung eines Protestes in Minsk berichtet hatten. Daher wandte sich die belarusische Journalistenvereinigung (BAJ) an internationale Organisationen und journalistische Gewerkschaften, um belarusische Kolleg*innen zu unterstützen und zur Rettung des unabhängigen Journalismus im Land beizutragen. Der Europäischer (EFJ) und der internationale Journalistenverband (IFJ) unterstützen diesen Aufruf.
For more information on the events of 6 February 2021, please visit Infocenter Free Belarus 2020: