Belarus Daily | 28. Jan

Laut Lukaschenko in Belarus keine politischen Gefangenen; Überfälle auf Läden, die nationale Symbole verkaufen; selbst Minderjährige weiterhin tyrannisiert und abgeurteilt

28. Januar 2021 | Voice of Belarus
Fragment einer Plakatausstellung von Natallja Schukawa.
Source: t.me/kyky_org

Die Plakate zeigen, was in Belarus als Ordnungswidrigkeit und Straftat verurteilt wird

Auf Zäunen und Haltestellen in Minsk erschienen Plakate der Designerin und Künstlerin Natallja Schukawa. Ihre Arbeiten zeigen Menschen, die unter den „Verteidigern des Regimes“ gelitten haben, während Sie gerade einfach nur unterwegs waren, zum Beispiel, um im Laden eine Glühbirne zu kaufen, oder Großmüttern Blumen schenkten oder ihnen während der Seniorenmärsche Piroggen anboten. Die Inschriften auf den Plakaten: „Blumen für die Großmutter – 12 Tage, Artikel 23.34 Teil 1“, „Fotografieren von Fahrzeugen – 11 Tage, Artikel 23.34 Teil 1“ und andere absurde Tatbestände, für die Belarus:innen ins Gefängnis geschickt werden.

Source: t.me/kyky_org

Lukaschenko: Keine politischen Gefangenen in Belarus

Zitat: „Heute stöhnen und winseln einige: Amnestie … politische Amnestie und so weiter. Eine politische Amnestie können wir gleich morgen durchführen, wenn mir jemand mindestens einen politischen Artikel in unserem Strafgesetzbuch zeigt und versichert, aus politischen Gründen verurteilt oder inhaftiert worden zu sein. Solche werde ich gleich morgen begnadigen. Wir müssen dieses Geschwätz stoppen.“ Bei Lukaschenkos heutiger Besprechung wurde entschieden, „schnellstmöglich“ die Gesetze zu verschärfen, um die Handlungen, die dem Staat schaden, zu verhindern. 

Die Änderungen betreffen das Ordnungs-, Straf-, und Strafprozessrecht und die Wahlgesetzgebung. Das Straf- und Arbeitsgesetzbuch werden geändert, um Streikaufrufe zu unterbinden. Wahrscheinlich wird das Gesetz über Extremismus überarbeitet werden und der Schutz persönlicher Daten von Richter:innen und Strafverfolgungsbeamten wird verstärkt.

Welle von Überfällen auf Geschäfte, die nationale Symbolik verkaufen

„Moj modny kut“ (Anspielung auf das Gedicht „Moj rodny kut“ des belarusischen Klassikers Jakub Kolas, Anm.), ein Souvenirladen mit nationalem Flair. Die Ehefrau des Besitzers, Alena Jesipenak, wurde am 26. Januar direkt im Laden festgenommen. Die Kunden hörten nur, dass sie wegen des Verkaufs nicht genehmigter Symbole festgenommen wurde. Während der Gerichtsverhandlung gegen Alena am 28. Januar wurde auch ihr Ehemann Waler Jesipenak festgenommen. Noch am selben Tag wurde bekannt, dass der Souvenirladen schließen muss.

Polizisten der Abteilung für Wirtschaftskriminalität haben den Inhaber der Marke Vokladki Fjodar Schylin verhört. Die Polizeibeamten interessierten sich für Hüllen mit der Pahonja (das historische Wappen von Belarus, Anm.), die seit 2014 genäht wurden. Der Geschäftsmann wurde auf die Polizeiwache gebracht, dann aber freigelassen.

Der Laden „Moj modny kut“, der bereits seine Schließung angekündigt hat.
Source: TUT.BY

Das Fließband der Justiz läuft ununterbrochen: vor Gericht stehen der 16-jährige Mikita, Alexander, der die Bereitschaftspolizei mit Gras bewarf, und 50 Teilnehmer:innen eines Kreistanzes

Journalisten haben die Strafverfahren der letzten Zeit analysiert und eine Liste ihrer charakteristischen Merkmale zusammengestellt: Die Angeklagten bekommen oft zuerst Haftstrafen in einem Ordnungswidrigkeitsverfahren und anschließend werden sie in einem Strafverfahren verurteilt; Schadenssummen betragen mehrere tausend Euro; Staatsanwälte fordern Höchststrafen; als Zeugen treten Personen in Sturmhauben mit geänderten Namen auf. 

In Brest verhandelt das Gericht eine Strafsache über einen „Protestrundtanz“ vom 13. September letzten Jahres. Mehr als 50 Personen werden im „Rundtanz-Verfahren“ angeklagt. Sie werden beschuldigt oder verdächtigt, sich aktiv an Gruppenhandlungen beteiligt zu haben, die die öffentliche Ordnung schwer verletzen und zu Verkehrs- sowie Betriebsstörungen führen.

In Minsk steht der 29-jährige Aljaksandr Nurdsinau vor Gericht, der in der Nacht vom 9. auf den 10. August an den Protesten teilgenommen hat: Er ging auf die Fahrbahn und „riss Vegetation von Blumenbeeten und warf sie auf Polizisten“. Außerdem soll er auf der Fahrbahn Barrikaden aus Mülltonnen und Blumenrabatten errichtet haben. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft soll Aljaxander einen Schaden in Höhe von 28 Tausend Rubel (8.700 Euro) verursacht haben.

In Homel wird der Prozess gegen Leanid Kawaljou, Dsmitry Karneeu und Mikita Salatarou fortgesetzt, die beschuldigt werden, an den Unruhen teilgenommen und am 10. August in der Innenstadt „Molotow-Cocktails“ geworfen zu haben. Der jüngste Angeklagte, der 16-jährige Mikita Salatarou, sagte aus. „Ich sagte, ich habe nichts geworfen. Aber sie brachten mich auf die Wache und fingen an, mich zu schlagen. Sie gaben mir einen Stuhl und ich musste ihn mit ausgestreckten Armen festhalten. Ich musste mich ausziehen und in einem Käfig auf dem Beton sitzen. Ich durfte mich nicht hinsetzen oder hinlegen“, sagte der Angeklagte, der am 11. August auf die Intensivstation eingeliefert worden war.

Eine Geldstrafe für ein Video auf ihrem YouTube-Kanal bekam politische Bloggerin Wolha Takartschuk. Das Gericht entschied, dass Wolha am 29. November an einer nicht genehmigten Aktion teilgenommen habe. Bereits zwei Tage nach dem Prozess wurde bekannt, dass der Ermittler Wolha versprochen hatte, dass sie für jedes Video, das sie postet, strafrechtlich verfolgt würde: man könnte sie drei Tage lang festgehalten und erneut vor Gericht stellen.

Rundtanz in Brest.
Source: TUT.BY
Leanid Kawaljou, Dsmitry Karneeu und Mikita Salatarou (von links nach rechts).
Source: TUT.BY

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