Belarus Daily | 26. Nov

Geheimdienste hören Telefongespräche der Familie des getöteten Raman Bandarenka ab und übergeben eine Aufnahme an eine Fernsehsendung. Lawrow trifft Lukaschenko, Vertreter religiöser Konfessionen in Belarus fordern trotz Drohung mit Repressalien weiterhin Ende der Gewalt

26. November 2020 | BYHelp-Mediagroup
Lavrov in Belarus
 Source: Tass

Treffen zwischen dem Russischen Außenminister Sergej Lawrow, Alexander Lukaschenko und dem belarusischen Außenminister Uladsimir Makej in Minsk

Bei einem Treffen mit dem belarusischen Präsidenten Alexander Lukaschenko am Donnerstag überbrachte der russische Außenminister Sergej Lawrow Grüße von Wladimir Putin und sagte, die russische Seite sei den auf dem Gipfeltreffen am 14. September in Sotschi erzielten Vereinbarungen verpflichtet. Später, auf einer Pressekonferenz nach dem Besuch, stellte Lawrow klar, dass Moskau von Minsk eine Verfassungsreform erwartet.

Nach dem Treffen mit Alexander Lukaschenko sagte Lawrow, dass die westlichen Länder eine feindliche Haltung gegenüber Russland und Belarus zeigen und aktiv versuchen, interne Prozesse in beiden Staaten zu beeinflussen.

Das Mitglied des Koordinierungsrates, Pawel Latuschka, wandte sich seinerseits mit der Forderung an den russischen Außenminister Sergej Lawrow, dem belarusischen Volk zu erklären, was die „Vereinbarungen von Sotschi“ beinhalten. Weiterhin betonte er, dass das belarusische Volk nicht bereit sei, Lukaschenkos geheime Schulden an Putin zurückzuzahlen.

Koordinierungsrat wendet sich mit einem Versöhnungskonzept an Amtsträger

The Coordination Council
Source: Belmarket.by

Auf der Grundlage des vorgeschlagenen Nationalen Versöhnungsplans soll entschieden werden, welche Amtsträger nach Lukaschenkos Abgang weiter ihre Ämter bekleiden werden.

Im Laufe mehrerer Monate haben viele belarusische Beamte wissentlich oder unter Zwang Dutzende und manchmal Hunderte von Verbrechen begangen, weil Alexander Lukaschenko versuchte, gewaltsam an der Macht festzuhalten.

Der Koordinierungsrat hat ein nationales Versöhungskonzept ausgearbeitet, um eine Spaltung der Gesellschaft nach der Überwindung der politischen Krise und der Durchführung von Neuwahlen zu vermeiden. Personen, die aktuell in der Regierung oder bei staatlich kontrollierten Institutionen und Medien arbeiten, können wie bisher an ihren Arbeitsstellen weiterarbeiten, wenn sie sich nichts zuschulden kommen lassen haben, dass das Leben und die Gesundheit von Bürgern geschädigt hat. Viele Staatsdiener sind aktuell aufgrund der überholten autoritären Regierung nicht in der Lage, ihre Meinung frei zu äußern und neue Ideen voranzubringen. Der Koordinierungsrat wurde von der Opposition im August 2020 mit dem Ziel eines friedlichen Machtwechsels durch Neuwahlen eingerichtet.

Mutter des getöteten Raman Bandarenka erstattet Anzeige wegen Abhörung und Veröffentlichung ihrer Telefongespräche

Raman Bandarenka
Source: Gazetaby

Alena Bandarenka, die Mutter von Raman Bandarenka, ist der Ansicht, dass das Abhören und Veröffentlichen von Tonaufnahmen von Gesprächen zwischen ihr und ihren Verwandten gegen Artikel 28 der Verfassung von Belarus, Artikel 19 des Gesetzes „über Information, Informatisierung und Schutz von Informationen“ und Artikel 9 der GUS-Konvention über grundlegende menschliche Freiheiten verstößt.

Am Abend des 25. November strahlte der staatliche Fernsehsender STV eine Sendung des Propagandisten Grigori Asarenok über den Tod von Raman Bandarenka mit dem Titel „Tanz auf den Knochen“ aus. Die Sendung kommt zu dem Schluss, dass Bandarenkas Mutter von Unbekannten unter Druck gesetzt wurde und die Witwe des Verstorbenen angeblich die Trauerfeier als Zirkus bezeichnet. Gleichzeitig ignoriert der Beitrag die Frage, wer für den Tod des jungen Mannes verantwortlich sein könnte, der an den Folgen der Verprügelung durch unbekannte Personen starb.

Ramans Mutter will klären lassen, wer ihre Gespräche mit wessen Erlaubnis heimlich mitgeschnitten hat und wer und auf welcher Grundlage sie Asarenok übergeben hat.

15 weitere Tage Haft für Miss Belarus 2008 Olga Chizhinkowa

Miss Belarus 2008
Source: TUT.BY

Am 26. November fand schon der dritte Prozess infolge der Beteiligung der belarusischen Schönheit und Aktivistin Olga Chizhinkowa an den Protestaktionen statt. Das Gericht verurteilte Olga zu weiteren 15 Tagen Haft und stützte die Anklage dabei auf Fotos und Videoaufnahmen vom 25. Oktober in den sozialen Netzwerken. Diese Strafe wird laut ihrer Anwälte jedoch nicht mit der vorherigen kombiniert. Sie wird nun am 11. Dezember freigelassen und mehr als einen Monat im Gefängnis verbracht haben. Chizhinkowa hat sich dieses Jahr offen gegen die Gewalt und für eine neue Präsidentschaftswahl ausgesprochen. Infolgedessen musste sie die Nationale Schule der Schönheit verlassen. Bei ihrer Verhaftung sprühten die Sicherheitskräfte Gas in den Gefangenentransporter, obwohl nur Mädchen darin waren, von denen niemand Widerstand leistete.

Katholische Bischöfe von Belarus fordern Ende der Gewalt, Pressesprecher der Belarusischen Orthodoxen Kirche reicht Kündigung ein

Catholic bishops in Belarus
Source: TUT.BY

Die katholischen Bischöfe von Belarus fordern in ihrem Appell ein Ende von Gewalt und Blutvergießen, das aktuell in Belarus stattfindet, wo die Menschen sich durch Toleranz und Friedlichkeit auszeichnen. Sie sagen auch, dass sie sich der Botschaft von Papst Franziskus anschließen, der die Regierungen auffordert, ihren Bürgern zuzuhören und die Achtung der Menschenrechte und der bürgerlichen Freiheiten sicherzustellen. Die Kirchenvertreter fordern einen friedlichen Dialog „im Einklang mit dem Gesetz Gottes und der Menschen“. Diesem Aufruf schlossen sich mehr als hundert gläubige Katholiken und orthodoxe Christen an, darunter Priester, religiöse Künstler, Journalisten, Künstler aus Russland, Italien, Georgien und den USA. In einem offenen Brief rufen sie zur Unterstützung der Belarusen auf, die wegen ihrer Teilnahme an friedlichen Protesten Gewalt ausgesetzt sind. Heute sind alle Schichten der friedlichen Bevölkerung von Belarus, einschließlich der Geistlichen, politischer Verfolgung ausgesetzt. Die Generalstaatsanwaltschaft verwarnte offiziell zwei Geistliche, Juryj Kassabuzki und den Pressesprecher der Belarusischen Orthodoxen Kirche, Sjarhej Lepin, und beschuldigte sie des Säens von Hass gegen die Regierung und der Aufrufe zur Gewalt. Juryj Kassabuzki schließt die Möglichkeit nicht aus, dass wie schon viele friedliche Bürger bald auch Geistliche verhaftet werden. Heute wurde bekannt, dass der Pressesprecher der Belarusischen Orthodoxen Kirche Siarhej Lepin eine Kündigung eingereicht hat.

Nach dem Wechsel der Leitung der orthodoxen Kirche in Belarus verurteilen jedoch nicht alle Priester die in Belarus stattfindende Gewalt. Der Abt des St. Elisabeth-Klosters, Erzpriester Lemjaschonak, erklärte, dass die Bereitschaftspolizei OMON Mitgefühl verdiene während die Mütter, deren Söhne von OMON verprügelt wurden, Buße tun sollten, weil sie „ihre Söhne nicht gut erzogen haben“.


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