Belarus Daily | 26. Mär

EU unterstützt Untersuchung von Menschenrechtsverletzungen in Belarus; neue Details der letzten Tage Aljaxandr Wichors; Buch „Belarusischer Donbass“ als extremistisch eingestuft

26. März 2021 | Voice of Belarus
Source: NAVINY.BY

EU unterstützt Untersuchung von Menschenrechtsverletzungen in Belarus

EU-Chefdiplomat Josep Borrell hat erklärt, dass die EU die Internationale Plattform für Belarus zur Strafverfolgung von Tätern (The International Accountability Platform for Belarus) nicht nur politisch, sondern auch finanziell unterstützen wird. Er wies darauf hin, dass am Vorabend des Tages der Freiheit in Belarus mehr als 200 Menschen willkürlich festgenommen wurden. „Wir werden die belarusischen BürgerInnen weiterhin im Kampf für ihre Grundrechte und in ihren demokratischen Bestrebungen unterstützen“, so Josep Borrell.

Er rief nach seiner Mutter, aber wurde von der Polizei-Sondereinheit nichtsdestoweniger misshandelt. Neue Details der letzten Tage Aljaxandr Wichors

Aljaxandr Wichor.
Source: TUT.BY

Am Abend des 9. August 2020 verabredete sich der 25-jährige Aljaxandr Wichor in Homel mit einem Mädchen und wurde von einer Polizei-Sondereinheit festgenommen.Am 11. August wurde Aljaxandr zu 10 Tagen Haft verurteilt. In der Nacht vom 11. auf den 12. August verstarb er im Krankenhaus von Homel, wohin er aus dem Untersuchungsgefängnis nach wiederholten Misshandlungen gebracht worden war. 

Das Menschenrechtszentrum „Viasna“ sprach mit Radsiwon Bjahljak, der zusammen mit Aljaxandr Wichor im Homeler Untersuchungsgefängnis einsaß. Er sah, wie es Wichor während der letzten Stunden seines Lebens erging und was die Sicherheitskräfte ihm antaten.

Radsiwon Bjahljak sah Aljaxandr Wichor am 11. August in der Turnhalle der Polizeidirektion des Bezirks Schelesnodoroschny, wohin viele der Festgenommen gebracht worden waren. Die Leute mussten sich mit dem Gesicht nach unten auf den Boden legen und wurden angeschrien: „Gesicht, Schnauze auf den Boden!, Liegt in einer Reihe!“ Das Ganze dauerte ungefähr zwei Stunden. Der Stress löste bei Aljaxandr einen Nervenzusammenbruch aus, er rief nach seiner Mutter und bat, ihn freizulassen. Danach begannen zwei Sicherheitsbeamte, ihn „mit aller Kraft“ mit Schlagstöcken zu schlagen. 

„Wir haben wahrscheinlich zwei Stunden dort gelegen, während sie neue Leute brachten. Aber der Umgang mit diesen neuen Leuten war viel härter als der Umgang mit uns am Vortag. Denn während sie jeden von uns 10-15 Sekunden lang geschlagen hatten, wurden diese Jungs fast totgeprügelt … Es fühlte sich so an, als wären das jetzt viel stärkere Menschen, die sie traten und schlugen. Sie schlugen sie mit den Fäusten und mit Schlagstöcken. Und zwar mit einem solchen Geräusch und einer solchen Wucht, dass der Boden wackelte. Die Leute schrien, brüllten vor Schmerz, und trotzdem wurden sie immer weiter geschlagen. Es war der blanke Horror. Sie wurden buchstäblich fast zu Tode geprügelt“, berichtet Radsiwon über das, was sich am Abend des 11. August in der Turnhalle der Polizeidirektion des Bezirks Schelesnodoroschny ereignet hatte.

Während der Überstellung der Festgenommenen in das Untersuchungsgefängnis wurden Bjahljak und Wichor in dasselbe Abteil des Gefangenentransporters gesteckt. Es war sehr voll und man konnte fast nicht atmen. Aljaxandr entwickelte eine Psychose. „Er strampelte und schrie dass man ihn rauslassen soll. Er bildete sich ein, dass seine Großmutter oder seine Eltern mit ihm spielten. [Die Sicherheitskräfte] haben, um ihn ruhigzustellen, Pfefferspray aus einer Dose in dieses Abteil gesprüht“, sagt Bjahljak.

Bei der Ankunft im Untersuchungsgefängnis wurde den Gefangenen befohlen, sich im Korridor aufzustellen. Aljaxandr Wichor bekam eine Sonderbehandlung: „[Sie] verließen ihn und sagten den Wachen, er sei ,ihr Klient‘ in dem Sinne, dass dieser Junkie verprügelt werden müsse, um ,ihm eine Lektion zu erteilen‘. Sie dachten, er sei drogenabhängig“, beschreibt Radsiwon die Ereignisse. Er sah Aljaxandr nicht wieder. Laut Radsiwon gab es weder in der Polizeidirektion noch in der Untersuchungshaftanstalt einen Arzt.

Zwei oder drei Stunden später lag Wichor im Krankenhaus praktisch im Koma und verstarb bald darauf. Die Eltern wurden nicht sofort über den Tod ihres Sohnes informiert. Der Ermittler teilte den Eltern mit, dass ihr Sohn eine Überdosis Drogen genommen habe, obwohl die offizielle Untersuchung ergab, dass weder Alkohol noch Drogen in Aljaxandrs Blut waren. Expert*innen beschrieben und dokumentierten jedoch Verletzungen des Körpers: Brüche, Hämatome, Rippen- und Brustbeinfrakturen. Der Ermittlungsausschuss verweigerte die Einleitung eines Strafverfahrens zum Tod Wichors.

The court recognized the book “Belarusian Donbass” as extremist

Ihar Iljasch und Kazjaryna Andrejewa.
Source: euroradio

In Minsk wurde das Buch „Belarusischer Donbass“ von Ihar Iljasch und Kazjaryna Andrejewa als extremistisch eingestuft. Das Buch zeigt Menschen, die im Donbass sowohl auf der einen als auch auf der anderen Seite gekämpft haben. Die Autoren enthüllen auch die illegalen Handelsbeziehungen belarusischer Firmen mit Firmen, die den Terrorismus in der Ukraine finanzieren.

Ihar Iljasch ist absolut überzeugt dass „Belarusischer Donbass“ die Wahrheit über die Rolle von Lukaschenkos Regime im Krieg darstellt, was für die Geheimdienste unangenehm ist. 

Kazjaryna Andrejewa, Mitautorin des Buches, ist seit dem 15. November 2020 hinter Gittern. Am 18. Februar 2021 verurteilte ein Gericht sie und Daria Tschulzowa zu zwei Jahren Gefängnis wegen ihrer Live-Übertragung einer Kundgebung zum Gedenken an den getöteten Aktivisten Raman Bandarenka. Beide Journalist*innen wurden als politische Gefangene anerkannt.

Absurde Strafen für Festgenommene am Tag der Freiheit

Source: TUT.BY

Die 54-jährige Swetlana Tschernjauskaja wurde zu 12 Tagen Haft verurteilt, weil auf dem Auto, in dem ihr Bekannter sie fuhr, ein Aufkleber mit dem Pahonja-Wappen klebte. Während des Prozesses erklärte die Frau, dass das Auto ihr nicht gehöre, und sie keinen Aufkleber bemerkt habe als sie in das Auto stieg.

Die 27-jährige Chryszina Malaschewitsch wurde zu 15 Tagen Haft verurteilt wegen einer „Mahnwache in weiß-rot-weißen Socken“.

Der 52-jährige Wiktar Michailouski erhielt 12 Tage Haft für einen Aufkleber auf seinem Fahrrad: Ein dreiköpfiger Drache mit der Aufschrift „Drakon Smaharytsch“.

Ein Gericht verurteilte die 71-jährige Swetlana Jazkowa, eine Mammologin mit 46 Jahren Berufserfahrung, wegen ihrer weißen und roten Kleidung. Der alten Frau wurde eine Mahnwache zur Last gelegt und sie wurde zu einer Geldstrafe von 3.770 Rubel verurteilt. (1200 Euro, eine durchschnittliche Rente beträgt etwa 190 Euro). 

Der 73-jährige Mikalai Salamonau erhielt 13 Tage Haft, dafür dass er „Zhywe Belarus“ („Es lebe Belarus“) gerufen hatte. Während des Prozesses sagte er, er könne gar nicht schreien, weil er Probleme mit seiner Stimme habe.

Sicherheitskräfte brechen die Wohnungstür eines 20-Jährigen wegen weiß-rot-weißer Vorhänge auf und bringen ihn gewaltsam zur Polizei. Er erhielt 25 Tage Haft.

Belarus von Eurovision 2021 ausgeschlossen

Das Lied der Gruppe „Halasy ZMesta“, das von Belarus präsentiert wird, entspricht erneut nicht den Regeln, weshalb das Land dieses Jahr nicht am Wettbewerb teilnehmen wird. Dies teilt die Website des Eurovision Song Contest mit.