Politischer Gefangene stirbt in belarusischer Kolonie; Warum Machthaber TUT.BY verfolgen; 37 OSZE-Teilnehmerstaaten geben Erklärung zu Belarus ab
21. Mai 2021 | Voice of Belarus
Politischer Gefangene stirbt in belarusischer Kolonie
Der politische Gefangene Witold Aschurak ist in der Schklousker Kolonie gestorben. Die vorläufige Todesursache ist Herzstillstand. In den letzten zwei Wochen gab es keine Briefe von ihm. In einem seiner letzten Briefe berichtet er, dass die Bediensteten der Kolonie gelbe Abzeichen an die Kleidung der politischen Gefangenen nähten.
Witold Aschurak wurde 50 Jahre alt. Mitglied der belarusischen Partei Volksfront (BNF), regionaler Koordinator der Bewegung „Sa wolju“ (bel. „Für die Freiheit“). Mehr als einmal kandidierte er für das Amt eines lokalen Abgeordneten und für das Parlament. Er brachte Umweltfragen zur Sprache. Gemeinsam mit seinen Mitstreitern würdigte er mit Andacht die Schauplätze der Aufständischen von Kalinouski (Anführer des Aufstandes 1863–64 gegen russischen Okkupation im Gebiet des heutigen Belarus, Anm. des Übers.). Im Januar 2021 wurde er zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Er wurde für schuldig befunden, an Massenunruhen teilgenommen zu haben, die die öffentliche Ordnung grob verletzen (Teil 1 des Art. 342 des Strafgesetzbuches) und Gewalt gegen einen Polizeibeamten (Art. 364 des Strafgesetzbuches). Der Prozess fand hinter verschlossenen Türen statt. „Ich habe niemanden getötet, ich habe niemanden getäuscht, ich habe nichts gestohlen. Ich habe getan, was mein Gewissen verlangte“, erinnern sich seine Freunde an Witolds Worte.
Steuerhinterziehung oder politischer Charakter – wofür der Staat TUT.BY verfolgt
Drei Tage nach der Festnahme der Mitarbeiter von TUT.BY wurde bekannt, dass sie sich im Status von Verdächtigen befinden und in der Untersuchungshaftanstalt Nr. 1 in Waladarskaha Straße in Gewahrsam gehalten werden. Was ihnen vorgeworfen wird, ist unbekannt, aber früher gaben die Behörden an, dass das Portal der „Steuerhinterziehung“ verdächtigt wurde (Teil 2 von Art.243 des Strafgesetzbuches der Republik Belarus). Zu den Verdächtigen zählen die Chefredakteurin Maryna Solatawa, die Redakteurin Wolga Lojka und die Journalistin Alena Talkatschowa, die nichts mit den finanziellen und wirtschaftlichen Aktivitäten von TUT.BY zu tun hatten. Die Hauptbuchhalterin von TUT BY MEDIA GmbH, Angela Assad, wurde ebenfalls in Gewahrsam genommen. Die Angehörigen wissen nicht genau, wo sie sich befindet und wo sie untergebracht ist. RocketData-Direktorin Darja Danilawa wird nach Art. 243 des Strafgesetzbuches (Steuerhinterziehung) angeklagt. Sie befindet sich in der Untersuchungshaftanstalt des KGB.
Obwohl nach Angaben der Behörden der Fall gegen TUT.BY wirtschaftlicher Natur ist, bezweifelt niemand, dass dies eine politische Verfolgung durch die Behörden ist.
Minskerin Tazzjana Njamkewitsch bekam 15 Tage Freiheitsstrafe, weil sie ihre Solidarität mit der Redaktion von TUT.BY ausdrücken wollte und am 20. Mai mit einem Plakat auf die Straße ging. In der Verhandlung gab der Polizeizeuge an, dass „die TUT.BY-Website eindeutig politischer Natur ist“, so dass Njamkewitsch ihre politischen Überzeugungen zum Ausdruck brachte.
Strafen in Brest – von drei bis fünf Jahre in Kolonie
In Brest befand das Gericht 13 Personen für schuldig und verurteilte sie zu Haftstrafen von drei bis fünf Jahren in einer Kolonie. Sie wurden beschuldigt, an den Massenunruhen mit Gewaltanwendung gegen Einsatzkräften, Pogromen und Zerstörung von Eigentum am 10. August 2020 in den Straßen des regionalen Zentrums teilgenommen zu haben (Art. 293 T. 2 des Strafgesetzbuches).
Unter den Verurteilten gibt es Minderjährige. Sie wurden zu 3 Jahren in einer Erziehungskolonie verurteilt und noch im Gerichtssaal in Gewahrsam genommen.
Die meisten der Verurteilten haben sich nicht schuldig bekannt.
In Brest schossen die Sicherheitskräfte am 10. August 2020 bei der Auflösung von Protesten mit Gummigeschossen auf Menschen. Etwa 100 Menschen suchten im Laufe des Tages Hilfe im Krankenhaus, 29 von ihnen wurden stationär aufgenommen, die meisten von ihnen mit Schussverletzungen.
37 OSZE-Teilnehmerstaaten geben eine Erklärung zu Belarus ab
Der Vertreter Dänemarks bei der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, René Dinesen, verlas eine Erklärung von 37 OSZE-Teilnehmerstaaten zur Lage in Belarus. Die Erklärung stellt fest, dass sieben Monate nach der Veröffentlichung des Moskauer OSZE-Mechanismus (Dieser Mechanismus ermöglicht es einer Gruppe von zehn oder mehr OSZE-Teilnehmerstaaten, eine Mission unabhängiger Experten einzurichten. Anm. des Übers.) dieselben systematischen Verletzungen und Missbräuche in Belarus unverändert fortbestehen.
Die Unterzeichner wenden sich mit folgenden Fragen an das Lukaschenko-Regime:
- Wann geht die belarusische Regierung Berichten über massenhafte Menschenrechtsverletzungen nach, einschließlich Vorwürfen über Folter, Misshandlung, sexuelle Gewalt, Verschwindenlassen und Tötungen durch Sicherheitskräfte?
- Wann werden die belarusischen Behörden Strafverfahren gegen die Täter von Menschenrechtsverletzungen und -missbrauch einleiten, auch gegen die belarusischen Sicherheitskräfte?
- Wann werden die belarusischen Machthaber Opfer und Zeugen schützen, die mutig gesprochen und Menschenrechtsverletzungen gemeldet haben?
Albanien, Österreich, Belgien, Bulgarien, Kanada, Kroatien, Zypern, Tschechische Republik, Estland, Finnland, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Ungarn, Island, Irland, Italien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Montenegro, Niederlande, Nordmazedonien, Norwegen, Polen, Portugal, Rumänien, Serbien, Slowakei, Slowenien, Spanien, Schweden, Ukraine, Großbritannien, USA und Dänemark haben die Erklärung unterzeichnet.
Russland, das mit Belarus benachbart ist, gehört nicht zu den Unterzeichnern.
Belarusischer Botschafter in Deutschland wird ins Außenministerium der BRD einbestellt
Der Botschafter der Republik Belarus in Deutschland, Dsjanis Sidarenka, wurde nach dem Brief des Leiters des Zivilgesellschaftlichen Krisenmanagementes (NAU), Pawel Latuschka, an den Staatssekretär des deutschen Außenministeriums, Miguel Berger, mit der Bitte um eine offizielle Stellungnahme zur Aussage des stellvertretenden Innenministers, Karpenkou, einbestellt. Wir erinnern uns, er erklärte, dass niemand die Opposition im Rahmen des Gesetzes bekämpfen würde, verglich die Opposition mit internationalen Terroristen und versprach, sie zu vernichten, wo auch immer sie sind.
Deutschland werde fest an der Seite jener Belarus*innen stehen, die für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und die Achtung der Menschenrechte kämpfen, betonte das offizielle Berlin.
Belarus stehe an der Schwelle zur Eskalation mit dem Westen. Dies ist die Meinung des polnischen Außenministeriums
Das polnische Außenministerium bat das belarusische Außenministerium um Erklärungen zu den Äußerungen des Generalstaatsanwalts Andrej Schwed über die noch lebenden Naziverbrecher aus Polen und Litauen, die an den Aktionen der Strafbataillone während des Krieges in Belarus beteiligt waren. Das polnische Außenministerium glaubt, dass Belarus die Beziehungen zu Polen und dem Westen verschlechtert, um das Bild eines äußeren Feindes zu schaffen.