Belarus Daily | 18. Mai

Angriff der Machthaber auf TUT.BY – Strafverfahren wurde eröffnet; Vorsitzende des „Bundes der Polen in Belarus“ lehnt Freilassung im Austausch gegen die Abschiebung ab; 10 bis 15 Tage Haft für Radtour

18. Mai 2021 | Voice of Belarus
Source: Belaruspartisan

Staat greift größte Internet-Ressource an – Strafverfahren eröffnet

Der belarusische Staat hat die größte Internet-Ressource des Landes, das Portal TUT.BY komplett gesperrt. Die Redaktionsräume, Regionalbüros und Wohnungen der Journalisten des Portals wurden durchsucht.

Das staatliche Kontrollkomitee erklärte, dass ein Strafverfahren gegen die Amtsträger von „TUT BY MEDIA“ nach T. 2 Art. 243 des Strafgesetzbuches („Steuerhinterziehung in besonders großem Umfang“) eingeleitet wurde.

Seit 2019 hatte TUT.BY den Status eines Hightech-Park-Residenten, was eine bevorzugte Besteuerung implizierte. Die belarusischen Behörden waren jedoch der Ansicht, dass das Portal Einnahmen erhielt, die nicht den für Residenten erlaubten Aktivitäten zuzuordnen waren, und somit einen besonders hohen Schaden für den Staat verursachte.

14 Personen wurden festgenommen, darunter die Chefredakteurin Maryna Solatawa, der Generaldirektor und der Hauptbuchhalter.

Neben den direkten Mitarbeitern von TUT.BY wurden Personen festgenommen, die nicht mit den wirtschaftlichen Aktivitäten des Portals in Verbindung stehen: SEO (Search Engine Optimization) RocketData Darja Danilawa, Managerin hoster.by Sjarhej Pawalischau. Die Einsatzkräfte kamen auch zu Julija Tschernjauskaja, Witwe des Gründers des TUT.BY-Portals Juryj Sisser und Mitinhaberin von hoster.by. Nach dem Treffen mit Polizeibeamten wurde Julija aufgrund einer hypertensiven Krise ins Krankenhaus gebracht. Ihr Aufenthaltsort ist jetzt unbekannt.

TUT.BY ist die älteste und größte Internet-Ressource des Landes, sie wird monatlich von ca. 20 Millionen Unique Usern besucht und hat eine Reichweite von mehr als 60% im Land. TUT.BY-Daten wurden von den Medien aus Russland und anderen Ländern aktiv genutzt. 

Swetlana Tichanowskaja beschuldigte Lukaschenkos Regime wegen der Liquidierung der freien Medien und kontaktierte die Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen wegen der Situation von TUT.BY.

Amnesty International erklärte, dass die Sperrung der Website TUT.BY ein umfassender Angriff auf das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Medienfreiheit in Belarus ist.

US-Botschaft in Belarus und Außenministerium Litauens verurteilte die Handlungen der Behörden gegen die unabhängigen Medien.

Die Vorsitzende des „Bundes der Polen in Belarus“ lehnt Freilassung im Austausch gegen Abschiebung ab

Andżelika Borys.
Source: Charter97.org

Die Direktorin von „Belsat“ Agnieszka Romaszewska-Guzy sagte, dass der verhafteten Vorsitzenden des „Bundes der Polen in Belarus“ Andżelika Borys, ein Deal angeboten wurde: Freilassung im Austausch gegen die Abschiebung aus Belarus nach Polen. Sie lehnte ihn jedoch ab.

Insgesamt wurden fünf Vertreter des „Bundes der Polen“ festgenommen: Andżelika Borys, Andrzej Poczobut, Maria Tiszkowska, Irena Biernacka und Anna Panisheva. Gegen sie wurde ein Strafverfahren nach Teil 3 des Art. 130 des Strafgesetzbuches „Aufstachelung zum Rassen- und Nationalhass“ eingeleitet. Die Angeklagten müssen mit 5 bis 12 Jahren Gefängnis rechnen.

Auch die polnischen Bildungszentren stehen unter Druck: Sie wurden Inspektionen unterzogen, und die polnische Schule in Brest wurde geschlossen.

Die polnische Regierung wirft Belarus vor, Polinnen und Polen aus ethnischen Gründen zu verfolgen.

10 bis 15 Tage Haft für Radtour 

Source: Reformation

Am 16. Mai 2021 beschlossen Mitglieder der Gemeinschaft Minsk Fixed Gear, die Fahrradsaison an einem der Minsker Stauseen zu eröffnen, wurden aber von der Polizei festgenommen. Einer der Festgenommenen trug ein T-Shirt mit der Aufschrift „AntiLukaschenko“.

Während des Prozesses wurde bekannt, dass alle Inhaftierten einer nicht genehmigten Massenveranstaltung beschuldigt wurden. Zehn Festgenommene erhielten zwischen 10 und 15 Tagen Arrest. Die Radfahrer behaupten, dass sie die Radsaison eröffnen wollten, sie riefen keine Slogans, sie hatten keine Protestsymbole dabei.