Belarusische Opposition mit Sacharow-Preis ausgezeichnet, evangelische Gemeinde, die sich gegen Gewalt aussprach aus Räumlichkeiten geworfen, Urteile in Belarus wegen „gedanklicher Unterstützung“ der Proteste
16. Dezember 2020 | BYHelp-Mediagroup
Evangelische Kirche „Neues Leben“ steht wegen Widerstandes gegen Gewalt vor dem Rauswurf aus ihren Räumlichkeiten
Der evangelischen Gemeinde „Neues Leben“ ist eine gerichtliche Anordnung zugegangen, nach der sie die gemieteten Räumlichkeiten in Minsk zu verlassen hat. Vor nicht allzu langer Zeit haben Gemeindemitglieder eine Videobotschaft aufgenommen, in der sie Lügen, Morde, Grausamkeiten und Gewaltanwendung durch die Regierung verurteilen, die sich gegen Belarusen richten, die ihre politische Haltung auf friedliche Weise zum Ausdruck bringen. Die Gläubigen widersetzen sich dem Bösen und rufen zum Frieden auf. Gemeindemitglieder beteiligen sich an freiwilligen Initiativen, die Opfern von Repressionen durch die Regierung helfen.
Aus Angst vor der sozialen Aktivität und Präsenz in der Öffentlichkeit und in der Politik versuchen belarusische Behörden ständig, evangelische Gemeinden in ihrer Tätigkeit einzuschränken.
Bekannte russische Journalisten unterstützen belarusische Journalisten
Wladimir Posner, Nikolaj Swanidse und Ksenia Sobtschak, drei bekannte Medienpersönlichkeiten aus Russland, äußern ihre Unterstützung für die inhaftierten belarusischen Journalisten. Die Belsat-Fernsehjournalisten Kazjarina Andrejewa und Darja Tschulzowa wurden am 15. November während einer Live-Übertragung festgenommen, als sich Menschen versammelt hatten, um dem getöteten Raman Bandarenka Tribut zu zollen. Die TUT.BY-Journalistin Kazjaryna Barysewitsch wurde festgenommen, weil sie in ihrem Artikel Informationen veröffentlicht hatte, nach denen in Raman Bandarenkas Blut kein Alkohol gefunden worden war. Die Behörden hatten jedoch erklärt, dass Raman betrunken gewesen sei.
Wladimir Posner, einer der altgedientesten und angesehensten Journalisten in Russland schrieb auf seinem Instagram-Profile: „Wenn Journalisten inhaftiert sind, spricht das im Allgemeinen immer, da bin ich mir sicher, für die Angst der Regierung. Wenn jemand vor Gericht gestellt werden sollte, ist es die Führung dieses Landes, die die direkte Verantwortung für die unerhörte Brutalität trägt, mit der die sogenannten Ordnungskräfte diejenigen behandeln, die es sich erlauben, lautstark gegen ein Regime zu protestieren, das seinem Wesen nach unmenschlich ist.“
Die Journalisten Nikolaj Swanidse und Ksenia Sobtschak nahmen Videobotschaften an Lukaschenko auf, in denen sie sagen, dass nur ein schwacher Politiker Journalisten hinter Gitter bringt, insbesondere Frauen, die einfach ihrer Arbeit nachgehen.
Vertreter der belarusischen Opposition erhalten Sacharow-Preis für geistige Freiheit
Seit 1988 vergibt das Europäische Parlament den Sacharow-Preis für Beiträge zum Kampf für die Verteidigung der Menschenrechte, für die Entwicklung der Demokratie und für Rechtsstaatlichkeit. Die diesjährigen Preisträger waren Vertreter der belarusischen Opposition, angeführt von Swetlana Tichanowskaja, die Lukaschenkos Hauptkonkurrentin bei den Präsidentschaftswahlen war. Die Preise wurden an zehn Personen vergeben: die Literaturnobelpreisträgerin Swetlana Alexiewitsch, Sergej Tichanowski, die Aktivistin Maria Kolesnikowa, Veronica Tsepkalo und Olga Kowalkowa, sowie Stepan Putilo, den Gründer des Telegram-Kanals „Nexta“, Ales Bjaljazki, den Vorsitzenden des Menschenrechtszentrums „Wjasna“, Sergej Dylewski, Mitglied des Streikkomitees der Minsker Traktorenfabrik, und den Politiker Mikalaj Statkewitsch, der 2010 für die Präsidentschaft von Belarus kandidierte. Statkewitsch, Tichanowski und Kolesnikowa befinden sich derzeit im Gefängnis und sind als politische Gefangene anerkannt.
In ihrer Rede betonte Swetlana Tichanowskaja, dass die Auszeichnung rechtmäßig allen Belarusen zustehe, die den friedlichen Kampf für die Demokratie kämpfen. Sie sprach über den Kampf der Belarusen gegen das Lukaschenko-Regime und erklärte auch, dass Gefangene absichtlich mit dem Coronavirus infiziert würden. Sie erwähnte den Fall der Schweizer Staatsbürgerin Natallja Hersche, die zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden war, weil sie einem Polizisten die Sturmhaube vom Gesicht gerissen hat, und würdigte auch den langen und unermüdlichen Kampf gegen das Regime von Nina Baginskaja. Sie nannte all diese Menschen furchtlos. Tichanowskaja forderte Europa zu mutigerem Handeln auf. Zum ersten Mal wurden die Urkunden über die Preisverleihung in belarusischer Sprache ausgefüllt.
13 Tage Verhaftung wegen geistiger Unterstützung der Demonstranten
Kiryl Dalharukau, Lehrer an einer Minsker Universität, wurde zu 13 Tagen Haft verurteilt, weil er den Protest auf den Straßen der Stadt „geistig unterstützt“ habe, obwohl er nicht an Kundgebungen teilgenommen hatte. Er verließ gerade einen Lebensmittelladen, als ein Demonstrationszug an ihm vorbeikam.
Er wurde festgenommen und wies während der Gerichtsverhandlung darauf hin, dass „die Menschen das Recht haben, ihre Meinung friedlich zu äußern, deshalb habe ich die Demonstranten gedanklich unterstützt“. Im Gefängnis infizierte er sich mit COVID-19. Dieser Fall fand in ganz Belarus Beachtung. Memes zum Thema „geistiger Protest“ verbreiteten sich in sozialen Netzwerken, und mehrere in Belarus und Russland bekannte Blogger sprachen in ihren YouTube-Kanälen über seinen Fall.
Viele friedliche Bürger werden in diesen Tagen aus absurden und weit hergeholten Gründen gerichtlich belangt. Die Journalistin Schana Nowik wurde wegen eines Instagram-Fotos, das im August dieses Jahres aufgenommen, aber erst im November veröffentlicht wurde, zur Polizei vorgeladen. Auf Grundlage dieses Fotos befand die Polizei, dass die Journalistin sich an einer Kundgebung im November beteiligt habe.
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