Litauische Generalstaatsanwaltschaft nennt Beteiligte an Folter von Maxim Charoschyn; 87-jährige Rentnerin wegen weiß-rot-weißer Flagge zu Geldstrafe verurteilt; zwei bekannte Sportler unterschrieben einen Brief für Lukaschenko, Kollegen sind schockiert
15. Dezember 2020 | BYHelp-Mediagroup
Litauische Generalstaatsanwaltschaft nennt Namen der Beteiligten an der Entführung und Misshandlung Maxim Charoschyns Einer von ihnen ist der Leiter der Hauptabteilung für die Bekämpfung der organisierten Kriminalität und Korruption (GUBOPiK) Karpjankou
Am 9. Dezember 2020 hat die Litauische Generalstaatsanwaltschaft auf eine Anzeige des belarusischen Bürgers Maxim Charoschyn hin, der sich aktuell in Litauen befindet, Vorermittlungen wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit aufgenommen. Am 13. Oktober wurde Maxim in Minsk von Sicherheitsbeamten festgenommen, gefoltert und schwer geschlagen bis er medizinische Hilfe brauchte. Solche Fälle unterliegen nach dem litauischen Strafgesetzbuch der universellen Gerichtsbarkeit, da Folter ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit ist. Universelle Gerichtsbarkeit bedeutet, dass die strafrechtliche Verantwortlichkeit für Verbrechen gemäß internationaler Verträgen unabhängig von der Staatsbürgerschaft der Opfer und der Verdächtigen gegeben ist. Heute, am 15. Dezember, hat das Zentralregister zur Erfassung von Straftaten (EKRP) die Namen der Sicherheitsbeamten veröffentlicht, die mutmaßlich an Maxims Entführung und Misshandlung beteiligt waren. Nach den vorgelegten Daten waren an der Entführung und Folterung von Charoschyn der Leiter der Hauptabteilung gegen organisierte Kriminalität des belarusischen Innenministeriums (GUBOPiK) Mikalaj Karpjankou mit seinen Untergebenen, unter Duldung des Leiters der Polizeibehörde A.S.Bakatsch, beteiligt. Wenn ihre Schuld bewiesen wird, werden die Täter von Interpol zur Fahndung ausgeschrieben, und sie können fast in jedem Land der Welt festgenommen werden.
Geldstrafe gegen 87-jährige Rentnerin wegen weiß-rot-weiter Fahne auf dem Balkon
Die 87-jährige Elisaweta Bursowa wurde heute in Minsk vor Gericht gestellt, weil sie eine weiß-rot-weiße Flagge auf dem Balkon ihrer Wohnung angebracht hatte, was als unerlaubte Handlung angesehen wird. Der Richter befand Bursowa für schuldig und verhängte gegen sie eine Geldstrafe in Höhe von 405 belarusischen Rubeln (ca. 150 Euro). Das entspricht ungefähr einer Monatsrente vieler Rentner in Belarus. Elisaweta stimmte dem Vernehmungsprotokoll nicht zu. Sie sieht ihre Handlung nicht als Verbrechen an und verweist darauf, dass Lukaschenko 1994 unter dieser Flagge den Amtseid ablegte. Mit dieser Geldbuße stufe der Richter Elisaweta Bursowa de-facto als „Unterstützerin des Faschismus“ ein, weil Lukaschenko und mit ihm die Propagandakanäle die weiß-rot-weiße Nationalsymbolik als faschistisch bezeichnen. Gleichzeitig ist Eliseweta eine der wenigen Jüdinnen in Belarus, die den Zweiten Weltkrieg überlebt haben. Viele Sympathisanten, darunter Vertreter der jüdischen Gemeinde, kamen, um die Seniorin zu unterstützen. Unmittelbar nach dem Prozess war das Geld für die Geldbuße bereits gesammelt, damit die Rentnerin es nicht aus eigener Tasche bezahlen muss.
Arbeiter wegen an den früheren Innenminister gerichteten Kommentaren unter einem Youtube-Video zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt
Jury Karnilowitsch, ein Arbeiter der Minsker Autowerke, wurde zu drei Jahren Freiheitsentzug verurteilt, weil er unter einem YouTube-Video einen Kommentar über Jury Karajeu, den damaligen Innenminister, abgegeben hatte. Der Kommentar wurde gelöscht, als sich die Polizei für ihn interessierte. Karnilowitsch musste sich per aufgezeichnetem Video entschuldigen und auch einen Kommentar veröffentlichen, in dem er Karajeu um Vergebung bittet. Da der Kommentar obszön war, wurde vor Gericht nur die allgemeine Bedeutung dargelegt: „Karajeu wird sich eher ängstigen, als dem Präsidenten zu sagen, dass er die Verfassung einhalten wird.“ Das Gericht betrachtete den Kommentar als beleidigend und verletzend und stellte fest, dass er die Autorität von Karajeu und der Sicherheitsorgane im Ganzen untergrabe. Karnilowitsch bekannte sich teilweise schuldig, sagte aber, er betrachte den Kommentar nicht als beleidigend.
Die früheren Muay-Thai-Meister Walent und Kulebin unterschreiben Brief zur Unterstützung von Lukaschenko. Ihre Kollegen sind schockiert
Die mehrfachen Welt- und Europameister Andrej Kulebin und Dsmitry Walent unterzeichneten unerwartet für ihre Sportler-Kollegen einen Brief zur Unterstützung der Regierung Lukaschenkos. Keiner von ihnen konnte ihre Position erklären, sie gaben keinen Kommentar dazu ab. Den Trainern zufolge wurden viele Boxer mit der Androhung der Kündigung der Mietverträge für die Hallen und der Drohung einer Gehaltskürzung zur Unterschrift gedrängt, aber längst nicht alle stimmten zu. Vital Hurkou, mehrfacher Muay-Thai-Weltmeister, einer der bekanntesten belarusischen Athleten, der wiederholt von den Behörden verfolgt wurde, weil er sich gegen das Lukaschenko-Regime ausgesprochen hatte, kommentiert das Handeln von Walent und Kulebin wie folgt: „Manchmal ist es schwieriger, ein Champion im Leben zu sein als im Ring. Als Sportkamerad muss ich sie verstehen und rechtfertigen: Lebensplanung, Verträge, Kredite, Wohnungen. Sie sind keine schlechten Menschen. Aber mit diesem Argument kann man auch die Bereitschaftspolizei rechtfertigen, die Rentner vergast. Ich hoffe sehr, dass sie nicht wirklich verstehen, was sie getan haben. Ich kann mir vorstellen, wie schwierig es für sie sein wird, weil die meisten ihrer Fans von ihnen enttäuscht sind.“
Der belarusische Sambist Szjapan Papou, mehrfacher Weltmeister und Fackelträger bei den II. Europäischen Spielen in Minsk, der kürzlich wegen seiner Überzeugung entlassen wurde, reagierte auf die Unterzeichnung des die Regierung unterstützenden Briefes durch die bekannten Thai-Boxer so: „Jeder muss seine eigene Wahl treffen, aber das hatte ich nicht erwartet.“
Vor kurzer Zeit wurde ein Brief zur Unterstützung von Lukaschenko und der derzeitigen Regierung auf der Website athletes.by veröffentlicht. Viele der als Unterzeichner aufgeführten Sportler gaben an, den Appell nicht unterschrieben zu haben. Sie sind empört und bestürzt darüber, dass sich sogar enge Freunde von ihnen abgewandt haben.
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