Belarus Daily | 13. Jan

Fasel rechtfertigt sich für Foto mit Lukaschenko und Baskau; vermisster Journalist von Polizei gefunden; sechs Rentner nach Waldspaziergang festgenommen; belarusische Mediziner: Reale CoViD-19-Todesrate 50-mal höher

13. Januar 2021 | BYHelp-Mediagroup
Political Prisoners World Championship
Autor: Ulia Liashkevich.
Source: facebook.com/ulia.liashkevich

Fasel rechtfertigt sich für Foto mit Lukaschenko und Baskau, sagt, dass keine anderen Optionen als Riga und Minsk in Betracht gezogen werden

Nach dem Treffen der IIHF-Delegation mit Mitgliedern der belarusischen Regierung bezüglich der Eishockey-Weltmeisterschaft 2021, sah sich der Präsident der Internationalen Eishockey-Föderation René Fasel bereits am nächsten Tag (12. Januar) bemüßigt wiederholt, seine Handlungen und Worte in Minsk zu erklären.

Source: youtube.com/Onliner Stock

Am 13. Januar wurde auf IIHF.com ein Interview mit dem IIHF-Präsidenten veröffentlicht. Hier sind einige besonders wichtige Antworten auf aktuelle Fragen.

Was wurde der belarusischen Regierung bezüglich der IIHF-Position mitgeteilt?

Unsere Position ist wie folgt: Der IIHF-Kongress 2017 hat die IIHF-Eishockeyweltmeisterschaft 2021 an Minsk/Riga vergeben und die IIHF hat einen trilateralen Vertrag mit den jeweiligen Organisationskomitees von Minsk/Riga abgeschlossen, um diese Meisterschaft durchzuführen.

Dieses Ziel blieb unverändert, aber etwas anderes änderte sich: Angesichts der COVID-19-Pandemie ist die IIHF besorgt über die Möglichkeit der Organisatoren, auch in Minsk, das Turnier sicher abzuhalten. Eine IIHF-Untersuchung in Bezug auf den Vorsitzenden des belarusischen Eishockeyverbands, Dsmitry Baskau, läuft weiter, und es müssen auch einige beunruhigende Entwicklungen im Land berücksichtigt werden, die die Vorbereitungen für das Turnier erheblich beeinflusst und eine Reihe von berechtigten Sorgen bei Teams, Fans und Regierungsvertretern ausgelöst haben.

Gab es irgendwelche Ersuchen seitens der IIHF an die Regierung?

Wir kamen mit spezifischen Bedingungen, die die Regierung erfüllen sollte, damit die Weltmeisterschaft in Minsk stattfinden kann. Dazu gehörte die Zusage, friedliche Lösungen für eine Verbesserung der sozio-politischen Situation im Land zu finden und allen belarusischen Athleten die Möglichkeit zu geben, in ihre jeweiligen Sportarten zurückzukehren und diese zu betreiben.

Welche Optionen stehen in Bezug auf die Ausrichtung der Weltmeisterschaft 2021 zur Diskussion?

Die erste Option bleibt eine Weltmeisterschaft in Minsk und Riga 2021, zu den von der IIHF skizzierten Bedingungen. Andere Optionen werden derzeit nicht in Betracht gezogen.

Wie beurteilen Sie die COVID-19-Situation in Belarus?

Sie entspricht nicht dem internationalen Standard, den wir für die Weltmeisterschaft erwarten würden, aber wir haben von der Regierung die Zusage erhalten, alle IIHF-Richtlinien zu befolgen. 

Glauben Sie, dass dieser Besuch angesichts der aktuellen Probleme im Lande einen negativen Eindruck vermittelt hat?

Ja, und wir bedauern die negative Reaktion, die durch die Bilder und Videos, die von dem Treffen kamen, verursacht wurde. (…) Sollten wir den Eindruck erweckt haben, dass es sich nur um ein freundschaftliches Treffen handelte, so ist dies nicht korrekt und war auch nicht unsere Absicht. Dieses Treffen war in einem ernsten Ton gehalten, und die IIHF brachte spezifische und schwierige Fragen zur Sprache. Wir erwarten, dass die belarussische Regierung ihrer Zusagen nachkommt, um die Anforderungen der IIHF zu erfüllen.

Wie ist der Stand der IIHF-Untersuchung im Fall Baskau?

Belarus hat sich bereiterklärt, mit der IIHF zu kooperieren und alle relevanten Zeugenaussagen, Videos und andere Beweise auszuwerten, um die IIHF-Disziplinarkommission bei ihrer eigenen Untersuchung zu unterstützen. 

Vor einigen Wochen waren Aufnahmen von Telefongesprächen im Internet aufgetaucht, deren einer Teilnehmer der Vorsitzende des belarusischen Eishockeyverbandes Dsmitri Baskau war. Die Gespräche erlauben die Schlussfolgerung, dass Baskau an Razzien in den Innenhöfen Minker Wohnanlagen und dem Tod eines ihrer Anwohner Raman Bandarenka während einer solchen Razzia beteiligt war. Bis heute wurde kein Strafverfahren in diesem Zusammenhang bis eröffnet, und Ramans Mutter wurde wiederholt jegliche Information zum Tod ihres Sohnes verweigert

IIHF-Vizepräsident Kalervo Kummola erklärte zuvor, Fasel selbst sei schockiert gewesen, als Fotos von seinem Treffen mit Lukaschenko in der Presse aufgetaucht sind.

Die Entscheidung, ob die Weltmeisterschaft in Minsk stattfinden wird, wird spätestens am 27. Januar getroffen. Laut Kummola besteht die wahrscheinlichste Option darin, dass das gesamte Turnier von Lettland ausgerichtet wird.

Collage: BY.Tribuna.com. Raman Bandarenka, Rene Fasel and Dmitry Baskov, Alexander Lukashenko.
Collage: BY.Tribuna.com. Raman Bandarenka, René Fasel und Dsmitry Baskau, Alexander Lukaschenko.
Source: t.me/tribuna_by

Offener Brief belarusischer Ärzte an Fasel

Belarusische Ärzte richten einen offenen Brief an die Mitglieder der Internationalen Eishockey-Föderation (IIHF) und deren Chef René Fasel anlässlich von dessen Besuch in Belarus am 11. Januar. 

„Glaubt Herr Fasel wirklich, dass es möglich ist, die Durchführung eines bedeutenden Sportereignisses, einer Eishockey-Weltmeisterschaft, in Belarus zum jetzigen Zeitpunkt in Betracht zu ziehen? Wenn er darüber spricht, dass sich die Politik nicht in den Sport einmischen darf, ist er denn selbst nicht in der Lage, Politik und Verbrechen zu unterscheiden? Mord, Folter, Unterdrückung, Verletzung von Grundrechten Grundfreiheiten und universellen Werten – das ist keine Politik! Es ist unmöglich, davor die Augen zu verschließen und sich hinter der Parolen zu verstecken, dass man unpolitisch sein will!“

Ein separates Gesprächsthema wäre die epidemiologische Situation im Land. Die Autoren des Briefes weisen auch auf die COVID-19-Situation in Belarus und die Nichteinhaltung von entsprechender Sicherheitsmaßnahmen hin: „Wenn Herr Fasel nur einen Blick auf den Alltag der einfachen Belarus:innen geworfen hätte, wäre ihm klar geworden, dass alle angekündigten Anti-Epidemie-Maßnahmen nichts weiter als reine Formsache sind. Es gibt keine Quarantänemaßnahmen im Land. Schulen und Universitäten arbeiten wie gewohnt ohne irgendwelche Einschränkungen. Räumlicher Abstand ist prinzipiell nicht vorgesehen. Niemand kümmert sich darum, die Einhaltung des Maskenpflicht zu kontrollieren.“

Übrigens kann laut Aussagen der Ärzteschaft „die offizielle COVID-19-Todesrate sicher mit 50 multipliziert werden“.

Dass die belarusische Regierung nicht beabsichtigt, die Repressionen zu stoppen, wird durch die Tatsache belegt, dass am 12. Januar eine telefonische Mitteilung im Netz auftauchte, die den Ärzten befielt, die Erfassung und Übermittlung von Informationen über die Bürger, die infolge ihrer Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen verletzt wurden, einzustellen. 

Der Text der telefonischen Mitteilung lautet: „Im Zusammenhang mit der mündlichen Anordnung des belarusischen Gesundheitsministeriums vom 12.01.2021 wird die Erfassung und Übermittlung von Informationen über Bürger, die bei Massenveranstaltungen medizinische Hilfe in Anspruch genommen haben, an das an das Zentrum für medizinische Notfallversorgung bis auf weiteres eingestellt.“

Source: t.me/belhalat_by

Sechs Rentnerinnen bei Waldspaziergang mit Nordic-Walking-Stöcken in Wizebsk festgenommen, eine am Abend wieder freigelassen

Am Morgen des 13. Januar nahm die Polizei in Wizebsk sechs Seniorinnen beim Nordic-Walking im Wald fest. Sie wurden zur Polizeistation gebracht. Unter den Inhaftierten befand sich Tazzjana Sewjarynez, die Mutter des Politikers Pawel Sewjarynez, der seit Juni 2020 im Gefängnis ist. Tazzjana Sewjarynez selbst wurde schon mehrmals festgenommen und gemäß Artikel 23.34 des Gesetzbuchs über Ordnungswidrigkeiten vor Gericht gestellt.

Auch dieses mal wurde sie von der Polizei zum Gericht gebracht, aber die Verhandlung fand nicht statt, da der Arbeitstag zu Ende war. Sewjarynez durfte nach Hause. Die anderen fünf inhaftierten Frauen blieben in Untersuchungshaft.

Tatsiana Sieviaryniec
Tazzjana Sewjarynez.
Source: TUT.BY

Festnahme eines weiteren Journalisten durch Polizei wegen Verdacht, auf Verstoß gegen die öffentliche Ordnung

Am 12. Januar gegen 14:00 Uhr brach der Kontakt zum Journalisten und Medienmanager Andrej Aljaksandrau ab. Es wurde bald klar, dass Aljaksandrau auf einer der Polizeiwachen in Minsk ist. Später teilte seine Anwältin mit, dass der Journalist im Zusammenhang mit einem Strafverfahren festgenommen wurde. Um welches es sich dabei handelt, ist nicht bekannt. Nach Angaben des Ermittlungsausschusses war er „an Aktionen, die eine grobe Verletzung der öffentlichen Ordnung darstellten, beteiligt, die in der Stadt Minsk stattfanden. Er gilt als Verdächtiger.“

Derzeit befinden sich neben ihm acht weitere Journalisten hinter Gittern.

Andrei Aliaksandrau
Andrej Aljaksandrau.
Source: TUT.BY

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